Elektrofahrzeuge in der Stadt auf dem Vormarsch
Stand: 21.09.2016
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Hannover - Wenn es nach dem Daimler Vorstand Wolfgang Bernhard geht, soll in den kommenden Jahren das Straßenbild vorrangig Elektrofahrzeuge beinhalten und qualmende Dieselmotoren der Vergangenheit angehören. Er sieht dieses Bild als realistisch an und fördert diese Entwicklung.
Daimler-Vorstand Wolfgang Bernhard sieht einen Markt für Nutzfahrzeuge mit Elektroantrieb im Stadtverkehr in nicht allzu ferner Zukunft. "Wir kommen in ein Fenster, in dem wir ernsthaft über Elektroantriebe für leichte und schwere Nutzfahrzeuge im Stadtverkehr nachdenken können", sagte der Chef des Nutzfahrzeuggeschäfts der Deutschen Presse-Agentur vor der Messe IAA in Hannover. "Der Markt ist dabei, sich auszurichten. Wenn Städte und Gemeinden den Verkehr von Dieselfahrzeugen begrenzen wollen, lässt sich das auch ohne Plakette regeln." Das Bundesumweltministerium hatte die sogenannte blaue Plakette zuletzt auf Eis gelegt. Trotzdem denken einige deutsche Großstädte laut über Dieselverbote nach. Bernhard rechnet damit, dass sich solche Vorhaben beschleunigen, wenn Elektro-LKWs auf dem Markt sind, wie er der "Stuttgarter Zeitung" (Mittwoch), sagte.
Fortschrittliche Technologie
Die Technologie für Elektromotoren sei inzwischen so weit, sagte Bernhard: "Zellpreise und Leistung der Batterien kommen ab 2020 an einen Punkt, an dem sich die Technologie lohnt." Zwischenschritte wie beim Pkw brauche es hier eigentlich nicht. "Denn die Lastwagen-Segmente sind sehr klar in Kurz- und Langstrecke getrennt." Auf der IAA in Hannover stellt Daimler mehr oder weniger serienreife Nutzfahrzeuge mit Elektromotor aus, die für den Stadtverkehr gedacht sind. So wird der Kleinlaster Fuso Canter mit Elektromotor in Kleinserie gefertigt. Die Entwicklung ließ sich die Marke Fuso bislang 40 Millionen Euro kosten. Staatliche Unterstützung für die Elektro-Lastwagen will Daimler nicht. "Es muss auch so gehen", sagte Bernhard der "Stuttgarter Zeitung". "Am Ende ist die Anschaffung bei einem Nutzfahrzeug für den Kunden nur tragfähig, wenn sie wirtschaftlich ist." Die noch sehr hohen Kosten für Elektrolaster wolle Daimler so weit drücken, dass vor allem Spediteure über die geringeren Betriebskosten schnell die Gewinnschwelle erreichen.
Im Juli hatte Daimler auch einen 26 Tonnen schweren E-Lastwagen mit 200 Kilometern Reichweite gezeigt. "Wir kommen annähernd an die gleiche Nutzlast wie bei vergleichbaren Dieselfahrzeugen", sagte Bernhard der dpa. Beim 26-Tonner wiegt die Batterie nur noch 2,5 Tonnen. Doch sie kostet: Beim Preis können die schweren Lastwagen mit Elektroantrieb noch nicht mit dem Diesel mithalten. Erst Anfang des kommenden Jahrzehnts sei auch die Markteinführung des schweren Lastwagen mit E-Antrieb vorstellbar. Ein Van mit Elektroantrieb soll unterdessen schon in zwei Jahren in Serie gehen, wie der Konzern am Dienstag ankündigte. Das genaue Modell ließ Daimler offen. 2011 hatte der Konzern seinen Vito mit Elektroantrieb angeboten, das Projekt mangels Nachfrage aber wieder eingestellt. Erst vor zwei Wochen hatte Van-Chef Volker Mornhinweg ein "Show Car" mit Elektroantrieb auf Basis des Sprinter vorgeführt.
Bedarf ist vorhanden
Der Bedarf ist offenbar da: Die Deutsche Post hat einen eigenen Transporter mit Elektroantrieb entworfen, den der Konzern von einem Start-up in Aachen bauen lässt. Auch der Daimler-Konkurrent MAN will in Hannover neue Konzepte zur Elektromobilität bei vorstellen. Der französische Lkw-Bauer Renault Trucks, der zur Volvo-Gruppe gehört, hat bereits ein 16 Tonnen schweres Versuchsfahrzeug an den französischen Kosmetikkonzern Guerlain geliefert. Die französische Post testet ein kleineres Brennstoffzellen-Fahrzeug von Renault. Im Fernverkehr hingegen setzen die Lastwagenbauer vor allem auf spritsparende Maßnahmen. Klassische Fahrerassistenzsysteme sollen dazu beitragen, aber auch das sogenannte Platooning (englisch für "Kolonne fahren"). Dabei fahren mehrere miteinander vernetzte Lastwagen in einer Kolonne. Durch geringere Abstände nutzen sie unter anderem den Windschatten aus, fahren aber auch vorausschauender. Der Daimler-Vorstand sieht neben rechtlichen Hindernissen aber zunächst einmal die Lastwagenbauer selbst in der Pflicht: "Beim Thema Platooning müssen erst einmal die Hersteller miteinander sprechen, um sich auf eine einheitliche Sprache zwischen den Fahrzeugen einigen."