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Zensur oder Schutz? Neue Internet-Filter in der Türkei

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: AFP

Istanbul - Ein umstrittenes neues Filtersystem für das Internet ist in der Türkei in Kraft getreten. Die türkische Regierung argumentiert, mit den Filtern könnten Familien jugendgefährdende Inhalte ausblenden. Die Zeitung "Habertürk" berichtet am Mittwoch, dass nach Einschaltung der Filter jedoch selbst die Internetseiten von Kondom-Herstellern und einigen Unterwäsche-Firmen nicht mehr erreichbar seien. Kritiker sprechen deshalb von Zensur und Willkür.

Das am Dienstag in Kraft getretene System "Sicheres Internet" bietet Internet-Nutzern auf Wunsch einen Filter "Familie" und einen namens "Kinder". Für Nutzer, die keinen Filter wollen, bleibt alles wie bisher. Nach heftigen Protesten der Öffentlichkeit hatte die Regierung ursprünglich geplante weitergehende Regelungen zurückgenommen. Auch bei der neuen Filter-Regelung seien die Kriterien für die Einstufung einer Website als jugendgefährdend aber nicht bekannt, sagen Kritiker.

Heftige Kritik an Regierung

Die religiös-konservative Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, der Gesellschaft ihre eigenen Werte aufzwingen zu wollen. Das türkische Parlament hatte vor kurzem in seinem Internetsystem den Zugang zu den Seiten von Homosexuellen-Verbänden gesperrt und dies damit begründet, Schlagworte wie "Homosexualität" zögen automatisch eine Sperrung nach sich.

60.000 zensierte Webseiten

Özgür Uckan vom Verband Alternativer Informationstechnologie, der gegen das Filtersystem klagt, sagte dem Nachrichtensender CNN-Türk, die Internetbehörde BTK benutze angebliche Beschwerden von Nutzern über jugendgefährdende Inhalte als Vorwand für Zensur. Auch ohne die Filter sei das Internet der Türkei schon großen Einschränkungen unterworfen: Insgesamt würden 60.000 Websites zensiert. Ein mehrjähriges Verbot der Video-Plattform YouTube in der Türkei war erst im vergangenen Herbst aufgehoben worden.