New York (dpa) - Im Milliarden-Poker um den Internet-Konzern Yahoo! werden die Karten völlig neu gemischt. Mit Google, AOL, Rupert Murdoch und Microsoft sind mit einem Schlag wieder viele schillernde Namen des Internet und der Medienwelt im Spiel. Ganz neue Allianzen heutiger Erzrivalen könnten die Machtverhältnisse in der Online-Welt massiv verschieben. Oder sind alle neuesten Spekulationen - wie manche Experte meinen - nur ein großer Bluff, um die Einsätze in die Höhe zu treiben?
Gut zwei Monate lang bewegte sich im Tauziehen zwischen dem Softwareriesen Microsoft und seinem Übernahmekandidaten Yahoo! recht wenig. Microsoft-Chef Steve Ballmer pries seine ursprünglich knapp 45 Milliarden Dollar (29 Mrd Euro) schwere Offerte als fairen Preis an, doch Yahoo!-Chef Jerry Yang ließ ihn abblitzen. Vor wenigen Tagen riss Ballmer die Geduld: Getreu dem Motto "Bist Du nicht willig, dann brauch ich Gewalt" stellte er Yahoo! ein Ultimatum für eine freiwillige Eheschließung noch im April.
Prompt schlägt Yang jetzt zurück: Mit Microsofts erbittertem Rivalen Google testet Yahoo! eine Kooperation bei Suchanzeigen im Web. Nur in kleinem Umfang und zur Probe, heißt es. Aber Yangs Botschaft an Microsoft ist klar: Wir können auch anders! Noch eine weit größere Nummer wäre ein Pakt mit dem
Internet-Anbieter AOL aus dem US-Konzern Time Warner, über den Yahoo! laut US-Medienberichten von Donnerstag unter Hochdruck verhandelt. Ob jedoch AOL der rettende weiße Ritter sein könnte, ist fraglich: Das Online-Portal sucht selbst verzweifelt nach einer neuen gewinnträchtigen Strategie.
Doch auch Microsoft könnte Berichten zufolge heftig aufrüsten und sich Medienmogul Rupert Murdoch mit seiner News Corp. als mächtigen Bündnispartner holen. Zu Murdochs Internet-Besitztümern zählt das boomende Online-Netzwerk MySpace. Zusammen mit dem größten US-Portal Yahoo! und Microsofts Web-Aktivitäten würde so eine neue Großmacht im Internet entstehen.
Ein großes Fragezeichen hinter allen möglichen Allianzen: Was sagen die Wettbewerbshüter dazu? Google etwa dominiert heute schon die Internet-Suche und damit verknüpfte Online-Werbung. Google und Yahoo! zusammen wären laut vielen Experten übermächtig. Microsoft zeterte denn auch sofort, dies würde den Wettbewerb dramatisch einschränken. Mit dem Yahoo!-Kauf will Ballmer seinem auch persönlichen Gegner, Google-Chef Eric Schmidt, kräftig in die Parade fahren.
Die ganzen Muskelspiele bei Yahoo! könnten auch nur Show sein mit einem einzigen Ziel: Microsoft zu einem höheren Übernahmeangebot zu zwingen. "Alles nur Taktik", urteilten gleich mehrere Analysten. Um fünf bis sechs Dollar je
Aktie steige der Wert von Yahoo! durch eine Google-Kooperation, rechneten Bear-Stearns-Experten flugs vor. Bisher droht Microsoft eher, das Angebot von anfangs 31 Dollar je Aktie zu senken.
Die zeitgleich in mehreren US-Medien aufgetauchten Spekulationen über die Verhandlungen zwischen allen Beteiligten sind denn auch kein Zufall: Längst liefern sich Microsoft und Yahoo! einen PR-Wettlauf und füttern die Medien gezielt mit mehr oder weniger richtigen Informationen. Wer in dieser Schlacht den Kürzeren zieht, könnte am Ende auch bei einer Übernahme viele Milliarden Dollar verlieren - weil er zu viel bezahlt oder zu wenig bekommt.
In den nächsten Wochen müssen ohnehin alle Mitspieler einen Teil ihrer Karten auf den Tisch legen, sagen Analysten. Mit der Vorlage der Quartalszahlen schlägt die Stunde der Wahrheit. Den Anfang macht Google am nächsten Donnerstag, ein paar Tage später folgen Yahoo! (22.4.) und Microsoft (24.4.). Vor allem Yahoo! könnte gute Zahlen als Trumpf dringend gebrauchen.