Wo klemmt es beim Wechsel des DSL-Anbieters?
Stand: 01.06.2011
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Heidelberg - Viele Verbraucher zögern noch immer, den DSL-Anbieter zu wechseln. Verivox hat die größten elf DSL-Provider dazu befragt: Wie erklären sie sich diese Zurückhaltung, wo sehen sie möglicherweise Hürden beim Anbieterwechsel oder auch Verbesserungspotenzial?
Ist es die Scheu vor neuer Hardware oder die Befürchtung, bei Komplikationen ohne Internet dazustehen? Oder sind die Verbraucher so zufrieden mit ihrem derzeitigen Anbieter, dass sie keinen Grund für einen Wechsel sehen? Fest steht, dass 86 Prozent der Deutschen laut einer Ipsos-Studie nicht vorhaben, ihren DSL-Anbieter zu wechseln und immerhin 50 Prozent derer, die doch wechseln, laut dem „Verbraucherzentrale Bundesverband“ zwischen zwei und vier Wochen auf die Bereitstellung des neuen DSL-Anschlusses warten müssen.
Verivox hat die Provider zu diesen Zahlen befragt. Das Ergebnis: Knapp die Hälfte der befragten Anbieter bezeichnet die DSL-Angebote als austauschbar und nennt die nur geringen Preisunterschiede als Grund für die Wechselzurückhaltung. Ebenso machen die befragten Provider mehrheitlich die Deutsche Telekom für die langen Bereitstellungszeiten verantwortlich. Generell zeichnete sich bei der Befragung ab, dass die Anbieter eine deutlich optimistischere Wahrnehmung haben als die Verbraucher.
Woher rührt die Wechselträgheit?
Drei der elf befragten DSL- und Kabelanbieter sehen die Gründe für die niedrigen Wechselzahlen unter anderem in dem nur geringen Mehrwert für den Verbraucher, da die DSL-Angebote nahezu austauschbar sind.
Christof Zinkgräf, Telekommunikationsexperte bei Verivox, fordert deshalb von den Providern attraktivere Tarife: „Wenn die Provider selbst schon ihre Angebote als nahezu austauschbar bezeichnen, sind attraktive und kreative Angebote gefragt, die den Wettbewerb beleben. Dazu gehören neben einem günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis und kurzen Mindestvertragslaufzeiten auch DSL-Tarife, die dem persönlichen Nutzungsverhalten der Verbraucher gerecht werden.“
Mit den marktbeherrschenden Komplettpaketen, die eine Internet- und Telefonflatrate enthalten, bekommen mehr oder weniger alle das Gleiche. Die individuellen Bedürfnisse bleiben unberücksichtigt. „Beispielsweise muss ein Verbraucher, der nur über sein Handy telefoniert, schon lange suchen, bis er einen DSL-Anschluss ohne Festnetzflatrate findet“, erläutert Zinkgräf.
Wo liegen die Gründe für Verzögerungen?
Eine weitere Vermutung, warum Verbraucher eher den DSL-Anbieterwechsel scheuen, sind lange Verzögerungen bei der Bereitstellung des neuen Anschlusses. Auf die Frage nach den Ursachen sagten knapp die Hälfte der DSL-Provider, dass sie auf die Zuverlässigkeit der Deutschen Telekom angewiesen seien, da die Telekom die Hausanschluss-Bereitstellung, also die sogenannte „letzte Meile“, plant und koordiniert. Dies geschehe jedoch nicht immer zeitnah, sondern dauere auch mal zwei Wochen oder länger.
„Da die Telekom als ehemaliger Monopolist Besitzer der Teilnehmeranschlussleitungen ist und wir diese von ihr anmieten müssen, sind wir bei allen Wechselprozessen – auch zwischen zwei alternativen Anbietern – auf die Umschaltung durch die Telekom angewiesen. In der Vergangenheit hat das immer wieder zu Problemen geführt. Seit einiger Zeit arbeiten die Wettbewerbsunternehmen mit der Telekom in einer Qualitätsinitiative. Dadurch wurden bereits Fortschritte erzielt. Hinzu kommt, dass durch die EU-Vorgaben auch in der derzeit laufenden Neuauflage des Telekommunikationsgesetzes die zeitlichen Bestimmungen beim Anbieterwechsel klar definiert werden“, so Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten, der mehr als 100 deutsche TK-Unternehmen vertritt.
Das Telekommunikationsgesetz soll zukünftig auch die Verbraucherrechte stärken. Beim Festnetz soll ein unterbrechungsfreier Anbieterwechsel garantiert werden: Das abgebende Unternehmen soll durch das neue Gesetz dazu verpflichtet werden, den Kunden so lange zu versorgen, bis alle technischen und vertraglichen Details mit dem neuen Telefonunternehmen geklärt sind. Der Telefonanschluss darf maximal einen Kalendertag unterbrochen sein. Außerdem erhalten die Verbraucher ein Sonderkündigungsrecht für Telefon- und DSL-Verträge bei einem Umzug, wenn das Telekommunikationsunternehmen die bisherige Leistung am neuen Ort nicht garantieren kann.
„Hier ist eindeutig der Gesetzgeber gefragt, die geplanten Verbesserungen jetzt rasch umzusetzen“, sagt Telekommunikationsexperte Zinkgräf. „Der Anbieterwechsel muss zügiger über die Bühne gehen, und die Verbraucher sollten gesetzlich vor einer Hinhaltetaktik bestimmter Anbieter geschützt werden. Auch das würde Wechselhemmnisse abbauen und den Wettbewerb beleben.“
Die Kabelanbieter haben hier einen klaren Vorteil: Sie sind nicht auf die Deutsche Telekom angewiesen, da sie über eine eigene Infrastruktur verfügen. Diese technische Unabhängigkeit macht sich für den Verbraucher bezahlt, denn nach Angaben von Kabel Deutschland, Unitymedia und Kabel BW dauert die Bereitstellung bei ihnen etwa fünf bis acht Werktage.
Wie läuft die Kommunikation zwischen den Anbietern und wo gibt es Verbesserungspotenzial?
Sieben der elf befragten Provider bewerteten die Kommunikation untereinander als gut. Nichtsdestotrotz wünscht sich knapp die Hälfte der befragten Kabel- und DSL-Anbieter von ihren Wettbewerbern eine schnellere und flexiblere Zusammenarbeit sowie eine Optimierung der Prozesse, um den Anbieterwechsel für die Verbraucher noch einfacher zu machen.
„Wie gut die Zusammenarbeit zwischen den Providern wirklich läuft, erfährt man schnell, wenn es um die Kündigung und Mitnahme der Rufnummer geht. Kündigt der Kunde nämlich selbst seinen DSL-Anschluss und will dann noch die Nummer zu seinem neuen Anbieter mitnehmen, wird es schwierig. Gerade in solchen Fällen ist von den DSL- und Kabelanbietern mehr Service und mehr Entgegenkommen gefragt“, erklärt Zinkgräf.
Methodik
Es wurden die elf größten DSL- und Kabelanbieter befragt: 1&1, Congstar, easybell, Kabel BW, Kabel Deutschland, O2/Alice, Tele2, Tele Columbus, Deutsche Telekom, Unitymedia, Vodafone. Drei Provider haben nicht geantwortet: Congstar, Deutsche Telekom, Tele Columbus. Die Befragung wurde per E-Mail zwischen dem 4. und 19. Mai 2011 durchgeführt.