Warum Google und Microsoft weltweit Straßen fotografieren
Stand: 23.05.2011
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd
Berlin - Wer will, der wandelt innerhalb weniger Minuten durch die Straßen dieser Welt - und zwar im Internet. Dienste wie Googles "Street View" und Microsofts "Streetside" machen dies möglich. Seit November 2010 wartet Googles "Street View" unter anderem auch mit den 20 größten deutschen Städten auf. Und am Montag will Microsoft damit beginnen, deutsche Fassaden zu knipsen. Bei "Streetside" sollen mit mehr als 50 Städten letztlich sogar fast dreimal so viele dabei sein.
Werbung, Werbung, Werbung
Doch warum betreiben Internet-Konzerne diesen gigantischen Aufwand? Immerhin befasste sich Google allein in Deutschland drei Jahre lang mit dem Projekt. Microsoft sagt zu seinen anlaufenden Fahrten, das werde 18 Monate dauern - reine Fahrzeit. Die Spezialfahrzeuge, ausgestattet mit 360-Grad-Kameras, sollen - grob geschätzt - 150.000 Streckenkilometer ablichten. Hinzu kommen viele Mitarbeiter, die das Material sichten und mit dem System verknüpfen müssen, das wie bei Google auch beispielsweise Haltestellen von Bussen und Bahnen auflisten soll, teils sogar das gesamte Liniennetz.
Wer Zweifel hat, ob sich dieser nicht bezifferte Aufwand lohnt, der sollte sich nur vorstellen, was mit präzisen Fassadenfotos möglich ist: Wer durch eine fremde Stadt läuft und ein Hotel sucht, das von außen einen guten Eindruck hinterlässt und etwa möglichst nah an einem speziellen Theater, Kongresszentrum oder Musikclub liegt, der findet in den interaktiven Karten Hotels samt Blick auf die Lage. Ein Klick reicht aus, und die Buchung kann beginnen. Werbung, an der Google und Microsoft verdienen - sie verkaufen Anzeigenplätze. Bei Google ist Werbung seit jeher Haupteinnahmequelle - und die gilt es zu sichern.
Mobilität sucht Orientierung
Die Konzerne buhlen dabei nicht nur um Nutzer, die ganz klassisch über einen Computer im Netz surfen. Das neue Geschäftsfeld ist die mobile Internetnutzung - sie wächst derzeit auch in Deutschland mit zweistelligen Raten. Für die mobile Nutzung sind solche interaktiven Kartendienste geradezu ideal, denn wer unterwegs ist, der sucht vor allem eines: Orientierung. Sei es eine gute Pizzeria, eine Apotheke oder ein Schuhgeschäft. Online-Kartendienste zapfen dafür gleich auch Bewertungsportale an. Sie helfen so der mobilen Generation gleich doppelt bei der Orientierung. Diese Möglichkeit lizenzieren Google und Microsoft auch an Dritte, gegen Gebühr oder gegen Werbeplätze - etwa an Portale für die Wohnungssuche.
Dazu passt, dass sowohl Google als auch Microsoft eigene Plattformen für Mobiltelefone entwickeln: Google verschenkt sein Android an alle Hersteller, die ein modernes Betriebssystem für internetfähige Handys suchen - und liefert ihnen so ein System, das umfangreich mit Googles werbefinanzierten Suchdiensten verknüpft ist. Microsoft arbeitet wiederum für sein Windows Phone seit dem Frühjahr eng mit dem Gerätehersteller Nokia zusammen. Sie alle wollen Nutzern unter anderem eine stets aktuelle Navigationssoftware bieten.
"Google Maps" gegen "Bing Maps"
Letztlich ist der Kampf um 360-Grad-Dienste also ein Kampf zwischen "Google Maps" und "Bing Maps". Google, bisher der Vorreiter beim Geschäft mit Panoramafotos, zeigt bereits, wohin die Reise gehen dürfte: Die in Android eingebaute Navigation bietet nicht mehr nur eine Kartenansicht, um Autofahrer und Fußgänger zu lotsen, sondern bettet Richtungsangaben gleich in "Hybridansichten" ein, bei denen in einem 3D-Modus sowohl das Straßennetz benannt wird als auch die umliegenden Häuser und Plätze fotografisch abgebildet werden. Der Nutzer sieht so, an welcher Ecke er abbiegen muss - ob da nun eine Schule, ein Café oder aber eine Apotheke liegt.
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