Vorratsdatenspeicherung: Weiter keine Lösung in Sicht
Stand: 26.03.2012
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Berlin - Das EU-Ultimatum steht, doch eine Lösung des Streits um die Vorratsdatenspeicherung ist weiter nicht in Sicht. Unionspolitiker wie der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl verwiesen am Wochenende auf die Ermittlungserfolge nach der Attentatsserie in Toulouse, die bewiesen hätten, dass die Vorratsdatenspeicherung eine Daseinsberechtigung hätte. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sieht dagegen die EU in der Bringschuld.
"Die Mordserie von Toulouse hat erneut bewiesen, wie wichtig eine Regelung zur Vorratsdatenspeicherung ist", sagte der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) der "Welt am Sonntag". Leutheusser-Schnarrenberger müsse nach den Geschehnissen in Frankreich endlich eine "Kehrtwende vollziehen". Niedersachsen habe bereits einen Gesetzentwurf nach den Vorgaben des Verfassungsgerichts vorgelegt, den die Ministerin nun ins Kabinett einbringen solle, erklärte Schünemann.
"Bei uns wäre die Ermittlung des Mörders nicht möglich gewesen"
Auch der CSU-Innenexperte Uhl forderte nach der Attentatsserie in Frankreich eine rasche Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung. "Bei uns wäre die Ermittlung des Mörders nicht möglich gewesen", sagte Uhl der "Welt" und verwies auf die Ermittlung des Todesschützen Mohammed Merah mit Hilfe der IP-Adresse eines Computers, die ins Umfeld des Täters führte. In Deutschland dürften Provider Telekommunikationsdaten nur für technische Zwecke und zur Erstellung von Rechnungen vorhalten. "Anschließend ist es ihnen aber verboten, die Daten weiter auf Vorrat zu speichern", erklärte Uhl.
Die EU-Kommission hatte der Bundesregierung am Donnerstag eine Frist von einem Monat gesetzt, um die Umsetzung der betreffenden EU-Richtlinie auf den Weg zu bringen. Ansonsten drohe eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Umsetzung der EU-Richtlinie aus dem Jahr 2006 in deutsches Recht 2010 gekippt, deswegen ist ein neues Gesetz nötig. Allerdings will auch die EU-Kommission die Richtlinie überarbeiten.
Leutheusser-Schnarrenberger will anlassbezogene Speicherung
Leutheusser-Schnarrenberger kritisierte deshalb das Ultimatum. "Die überfällige Änderung der Richtlinie darf nicht auf den Sanktnimmerleinstag verschoben werden", sagte die Ministerin der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Während die EU von ihr mit "Brachialgewalt die Umsetzung eines Auslaufmodells" fordere, komme die Kommission mit der angekündigten Überarbeitung der Richtlinie "keinen Schritt voran".
FDP-Parteichef Philipp Rösler forderte im "Hamburger Abendblatt" die Union auf, ihren Widerstand gegen den Vorschlag Leutheusser-Schnarrenbergers aufzugeben. Die anlassbezogene Datenspeicherung stelle "die richtige Balance zwischen der Wahrung der Bürgerrechte und den notwendigen Instrumenten für die Sicherheitsbehörden" her.
Nach dem vom Bundesjustizministerium vorgeschlagenen Quick-Freeze-Verfahren sollen die bei den Providern vorhandenen Daten nur nach konkreten Anhaltspunkten für Straftaten eingefroren werden. Das Justizministerium will einen entsprechenden Gesetzentwurf als Verhandlungsgrundlage ins Kabinett bringen. Das Bundesinnenministerium beharrt darauf, dass Internet- und Kontaktdaten zum Zweck der Verbrechensaufklärung anlasslos sechs Monate gespeichert werden und lehnt den FDP-Vorschlag ab.
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