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Vorratsdatenspeicherung: "Quick-Freeze-Verfahren" in der Kritik

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd

Berlin - Die CDU macht im Streit über die Vorratsdatenspeicherung Druck auf Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) forderte die Ressortchefin am Montag auf, bald ein tragfähiges Konzept vorzulegen. Es sei schon ein "bemerkenswerter Vorgang", wenn eine Bundesjustizministerin von der EU-Kommission aufgefordert werde, sich an Recht und Gesetz zu halten.

Brüssel hatte die Bundesregierung in einem Brief aufgefordert, schnell eine Regelung vorzulegen. Ein Sprecher des Justizministeriums wiegelte ab und betonte, der Abstimmungsprozess sei kompliziert. Die Gespräche liefen noch.

Union und SPD hatten die Vorratsdatenspeicherung in der Großen Koalition beschlossen - als Umsetzung einer EU-Richtlinie. Telekommunikationsfirmen wurden damit verpflichtet, sämtliche Telefon-, Handy- und E-Mail-Daten aller Bundesbürger ohne Anlass jeweils sechs Monate lang zu speichern. So sollte aus Sicherheitsgründen protokolliert werden, wer mit wem per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung steht. Das Bundesverfassungsgericht kippte die Regelung jedoch vor mehr als einem Jahr. Seitdem streiten Union und FDP über eine Neuregelung.

Die Union und CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich wollen die Anbieter von Telefon- und Internetdiensten verpflichten, Daten möglichst umfangreich, lange und auch ohne konkreten Anlass zu speichern, damit die Sicherheitsbehörden im Fall einer schweren Straftat darauf zugreifen können.

Leutheusser-Schnarrenberger schlägt dagegen das Einfrieren von Daten im Falle eines konkreten Verdachts vor ("Quick-Freeze-Verfahren"). Sie will eine Speicherdauer von höchstens einem Monat - mit der Option, die Frist um maximal einen weiteren Monat zu verlängern. Unions-Politiker halten das Konzept für unbrauchbar.

Die EU macht jedoch Druck. Wie die Zeitungen der Essener WAZ-Mediengruppe (Montagausgabe) berichten, hat Brüssel die Regierung in Berlin in einem Brandbrief aufgefordert, die Vorgabe der EU umzusetzen. Die Kommission verlangt demnach eine Stellungnahme bis Mitte August und behält sich vor, wegen Vertragsverletzung ein Bußgeld gegen die Bundesrepublik zu verhängen.

Tadel von Kauder

Kauder sagte, die Kommission habe außerdem festgestellt, dass das "Quick-Freeze-Verfahren" nicht der europäischen Richtlinie entspreche. Beim Thema Vorratsdatenspeicherung müssten sich alle an den Satz halten, "erst kommen die Menschen, dann kommt das Land, dann die Partei und ganz zum Schluss kommt der Einzelne. Das gilt auch für Bundesministerinnen."

Leutheusser-Schnarrenbergers Sprecher Anders Mertzlufft sagte, es sei nun zum dritten Mal in drei Wochen derselbe Brief der EU in Medienberichten aufgetaucht. Das "Quick-Freeze-Verfahren" werde weiter diskutiert und sei keineswegs abgeräumt. Der Meinungsbildungsprozess sei schwierig. "Wir sind im Gespräch", betonte Mertzlufft. Einen neuen Wasserstand gebe es aber noch nicht. Auch ein Sprecher des Innenministeriums sagte, die Gespräche zwischen beiden Ressorts und die Suche nach einer gemeinsamen Lösung seien im Gange.

In der vergangenen Woche hatten Friedrich und Leutheusser-Schnarrenberger überraschend einen Kompromiss zu den Anti-Terror-Gesetzen vorgelegt. Die FDP war der Union dabei entgegengekommen. Am Wochenende dann folgte die Einigung beim Thema Steuern, einem Kernanliegen der Liberalen. Die Opposition wähnt ein Tauschgeschäft, zu dem auch die Vorratsdatenspeicherung gehört.

Die Linke sieht die mahnende Worte aus der Union als Beleg für einen solchen Deal. "Biete Steuersenkungen, fordere anlasslose Überwachung - so einfach ist Regierungspolitik nach Unions-Fraktionschef Volker Kauder", sagte der Linke-Politiker Jan Korte. Mit seriöser Politik habe das nichts zu tun.

"Wir sind nicht auf dem Basar"

Die Jungen Liberalen warnten die eigene Partei davor, einen Kuhhandel einzugehen. "Es wäre vollkommener Wahnsinn, wenn die FDP bei der Vorratsdatenspeicherung einknicken würde", sagte der JuLi-Vorsitzende Lasse Becker der Nachrichtenagentur dapd. "Wir sind hier doch nicht auf dem Basar." Die FDP habe bereits bei den Anti-Terror-Gesetzen sehr viele Schritte auf die Union zugemacht. FDP-Chef und Vizekanzler Philipp Rösler versicherte, mit ihm werde es "keine sachfremden Tauschgeschäfte" geben. Die Argumente müssten stimmen.