Vorratsdatenspeicherung: Koalition weiter uneins
Stand: 07.04.2011
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Berlin - Einen Tag nach der Neubesetzung der FDP-Spitze sind die Liberalen beim Thema Vorratsdatenspeicherung auf Konfrontationskurs zur Union gegangen. Seine Partei lehne "die anlasslose Vorratsdatenspeicherung ohne Wenn und Aber ab", erklärte FDP-Generalsekretär Christian Lindner am Mittwoch in Berlin und stellte sich so demonstrativ gegen die Union und Innenminister Hans-Peter Friedrich von der CSU. Damit steht die Koalition vor harten Auseinandersetzungen.
Hingegen einigten sich beide Seiten im Koalitionsausschuss am Dienstagabend über den Umgang mit kinderpornografischen Seiten im Internet. Hier soll künftig die Devise Löschen statt Sperren gelten.
Die FDP hatte sich seit langem für "Löschen statt Sperren" eingesetzt und verbuchte den Beschluss als Sieg für sich. "Wir haben uns jetzt durchgesetzt", sagte Lindner. Die Frage habe für die Liberalen eine grundsätzliche Bedeutung. Sie zeige, dass die FDP als Korrektiv in der Koalition notwendig sei, indem sie die Sensibilität für die bürgerlichen Freiheitsrechte und die Privatheit der Menschen erhöhe. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger sprach von einem klassischen Bürgerrechtsthema, das zum "liberalen Markenkern" gehöre.
SPD und Linke äußerten sich zufrieden über den Beschluss. Die Piratenpartei lobte, ein trauriges Kapitel deutscher Gesetzgebung sei damit endlich geschlossen. Internet-Aktivisten reagierten erleichtert und begrüßten den Schritt.
Richterbund macht Druck
Kompromisslos zeigte sich Lindner bei der Vorratsdatenspeicherung. "Ob die Union diese Daten nun sechs Monate oder ein ganzes Leben lang speichern will - es ist und bleibt verfassungswidrig", sagte er. Wichtiger als die Schaffung immer neuer Gesetze sei der Vollzug der bestehenden.
Union und SPD hatten die Vorratsdatenspeicherung in der Großen Koalition beschlossen. Das Bundesverfassungsgericht erklärte das Gesetz zur sechsmonatigen, anlasslosen Speicherung sämtlicher Telefon-, Handy- und E-Mail-Daten jedoch vor gut einem Jahr für verfassungswidrig. Aus Sicht der Richter mangelte es an der Datensicherheit und an genauen Angaben, wofür sie gebraucht werden. Seit Monaten streiten Union und FDP nun über eine Neuregelung.
Der neue Bundesinnenminister Friedrich will eine zügige Lösung und pocht dabei auf eine Datenspeicherung für sechs Monate. Die FDP lehnt das ab und wehrt sich gegen eine anlasslose und derart lange Datenspeicherung. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) wirbt für eine mildere Variante, das sogenannte "Quick-freeze-Verfahren", also das "Schockfrosten" von Daten. Dabei sollen Strafverfolger bei einem Anfangsverdacht die routinemäßige Datenlöschung stoppen können, bis sie einen richterlichen Beschluss erlangt haben.
Der Deutsche Richterbund machte Druck auf die Regierung, eine zügige Neuregelung zur Vorratsdatenspeicherung zu schaffen. Die Erhebung von Telekommunikationsdaten sei wichtig zur Verfolgung schwerster Kriminalität und häufig der einzige Ermittlungsansatz, sagte der Verbandsvorsitzende Christoph Frank. Der Gesetzgeber stehe in der Pflicht, "zeitnah" verfassungsgemäße Regelungen zu verabschieden.