Vodafone und Deutsche Glasfaser: Das bremst den Glasfaserausbau
Stand: 18.11.2021
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Der Glasfaserausbau und die Digitalisierung in Deutschland könnten deutlich mehr Schub bekommen, wenn einige bürokratische Bremsen beseitigt werden. Die Chefs von Vodafone Deutschland und Deutsche Glasfaser fordern schnellere Genehmigungsverfahren und die Standardisierung neuer Ausbauverfahren. An Investitionsmitteln für den Netzausbau mangelt es in Deutschland dagegen nicht.
Deutschland beim Glasfaserausbau in der "Flop 5" – Geld ist genug da
Deutschland steht beim Ausbau der Netzinfrastruktur und bei der Digitalisierung im internationalen Vergleich noch eher schlecht da. Doch was sind die bremsenden Faktoren und was braucht es, damit die Bundesrepublik in diesen Bereichen schneller vorankommt? Im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung des Branchenverbandes VATM äußerten sich dazu am Donnerstag Vodafone Deutschland-Chef Hannes Ametsreiter und Deutsche Glasfaser-Chef Thorsten Dirks.
Deutschland befinde sich laut Thorsten Dirks im OECD-Vergleich in der "Flop 5" auf den hinteren Plätzen wieder. Hierzulande sei mit dem Glasfaserausbau viel zu spät gestartet worden. Es mangele nicht am Geld für den Ausbau: Das sei mit zwölf Milliarden Euro öffentlichen Fördermitteln sowie rund 30 Milliarden Euro angekündigten privaten Investitionsmitteln ausreichend vorhanden. Die von der Ampel-Koalition voraussichtlich geplanten weiteren 2,5 Milliarden Euro Fördermittel bezeichnete Dirks als Steuerverschwendung.
Schnellere Genehmigungen und Zulassung neuer Ausbauverfahren erforderlich
Es gebe eine Knappheit bei den Ausbauressourcen. Statt neuer Förderprogramme brauche Deutschland schnelle und digitalisierte Genehmigungsprozesse sowie die breite Zulassung neuer Ausbauverfahren. Hierzulande wurden häufig keine Leerrohre verlegt und die Kabel einfach in der Erde vergaben. Bei bestehenden Leerrohren gebe es teils keinen Zugang. In Deutschland müsse man zur Anbindung eines Haushalts fast immer graben. Die Tiefbaukosten würden rund 80 bis 90 Prozent der Investitionskosten umfassen. In anderen Ländern wie beispielsweise in Spanien können dagegen Leerrohre auf breiter Front genutzt werden. Der Ausbau erfolge dadurch deutlich schneller und günstiger.
Vodafone Deutschland-Chef Ametsreiter betont, dass die Erteilung von Genehmigungen in Deutschland mit am längsten dauern würden. Der Bau einer Mobilfunkstation brauche von der Beantragung bis zur Inbetriebnahme rund zwei Jahre. Schaffbar wäre dies eigentlich in sechs Monaten.
Wenn man schnell zu Glasfaser und höheren Bandbreiten kommen will, seien innovative Ausbauverfahren wie Trenching wichtig. Man könne dadurch erheblich schneller bauen. Es sei erforderlich, diese Verfahren als Standard zu verankern, da die ausbauenden Unternehmen immer wieder zeitaufwändige Kämpfe mit kommunalen Straßenreferenten ausfechten müssten. Es benötige eine einmalige Weichenstellung und dann könne umgesetzt werden. Von der neuen Regierung erhofft sich Ametsreiter einen "Reboot Germany", einen Neustart.
Vodafones Kabelnetz wird schrittweise mit mehr Glasfaser kombiniert
Das Kabelnetz von Vodafone bietet bereits gigabitfähige Anschlüsse für bundesweit knapp 24 Millionen Haushalte. Ametsreiter betont, dass sich das Kabelnetz immer stärker in Richtung Glasfasernetz wandeln werde. Um noch näher an die Kunden zu kommen, würden immer mehr Glasfaserabschnitte ins Netz integriert.
Beide Firmenchefs sind sich einig, dass Wettbewerb den Netzausbau in Deutschland bereichere. Für eine Konsolidierung des Glasfasermarktes sei es noch zu früh. Wettbewerb in der Breite im ländlichen Bereich gebe es eigentlich erst seit rund zwölf Monaten.
Auch VATM-Präsident David Zimmer bemängelt, dass "uns die Bürokratie immer wieder auf die Füße" falle. Es dürfe nicht immer nach neuen Regularien gesucht werden, die Innovationen ausbremsen. Zimmer spricht sich zudem für den Verkauf der Beteiligung des Bundes an der Deutschen Telekom aus. Den Erlös von über 20 Milliarden Euro könne man für die Digitalisierung nutzen.
Flächendeckender Glasfaserausbau bis 2025 nicht realistisch
Sollte die Politik die Forderungen der Glasfaserausbauer tatsächlich alle schnell erfüllen und umsetzen, so würden trotzdem nicht alle Menschen in Deutschland bis 2025 mit Gigabitanschlüssen versorgt werden können. Ein limitierender Faktor sind laut Dirks die Baukapazitäten. Bis 2030 sieht der Deutsche Glasfaser-Manager aber die Chance, flächendeckend Glasfaser in jedem Haushalt zu haben.
Bislang wird nur ein Drittel der verfügbaren Glasfaseranschlüsse in Deutschland auch tatsächlich von Kunden gebucht. Doch die Nachfrage wird laut Ametsreiter und Dirks in den kommenden Jahren steigen. Bereits 40 Prozent der Vodafone-Neukunden würden sich für einen Gigabit-Tarif entscheiden. Das Datenvolumen werde weiter explodieren.
Online-Gaming als neuer Treiber für Nachfrage nach schnellen Internetanschlüssen
War Streaming zunächst der Treiber für die Nachfrage nach höheren Bandbreiten, so werde dies künftig nach Ansicht von Dirks auch das Online-Gaming sein. Die nächsten Gaming-Plattformen werden alle online und cloud-basiert sein. Da brauche es kurze Latenzzeiten und hohe Bandbreiten.