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Verfassungsbeschwerde gegen Gesetz zur Datenspeicherung eingereicht

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa

Karlsruhe/Berlin (dpa) - Mit der größten Verfassungsbeschwerde in der bundesdeutschen Geschichte wollen rund 30 000 Bürger das neue Gesetz zur massenhaften Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten zu Fall bringen. Die Klage wurde am Montag stellvertretend von acht Beschwerdeführern beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht. Das Gesetz ist seit dem Jahreswechsel in Kraft. Damit müssen alle Verbindungen über Festnetz, Handy oder E-Mail nun über einen Zeitraum von sechs Monaten gespeichert werden - nicht jedoch die Inhalte.

Die Klageschrift umfasst mehr als 150 Seiten. Der Berliner Rechtsanwalt Meinhard Starostik äußerte sich zuversichtlich, dass die Beschwerde Erfolg haben wird. "Die verdachtslose Überwachung, so wie sie der Gesetzgeber nun vorsieht, muss das Bundesverfassungsgericht eigentlich ablehnen." Die Kritiker beantragten zugleich, die Datensammlung durch eine einstweilige Anordnung sofort auszusetzen. Einen Zeitpunkt für eine Entscheidung gibt es nach Angaben einer Gerichtssprecherin aber noch nicht.

Für die Beschwerde hat der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung nach eigenen Angaben Vollmachten von rund 30 000 Bürgern gesammelt, die allerdings nicht alle rechtzeitig für die Einreichung der Beschwerde bearbeitet werden konnten. Das Gesetz zur Überwachung der Telekommunikation und der Speicherung von Daten auf Vorrat war im November von der großen Koalition verabschiedet worden. Vergangene Woche wurde es von Bundespräsident Horst Köhler unterzeichnet. Begründet wird die Neuregelung mit der Sorge vor neuen Terroranschlägen. Die Bundesregierung setzt damit eine Richtlinie der Europäischen Union (EU) um.

Der Arbeitskreis sieht darin jedoch eine "Totalprotokollierung der Telekommunikation", für die 80 Millionen Bundesbürger grundlos wie potenzielle Straftäter behandelt würden. Arbeitskreis-Sprecher Ricardo Cristof Remmert-Fontes sagte, eine freie Gesellschaft benötige "überwachungsfreie Räume". Das Gesetz gehe viel weiter als die EU-Richtlinie. Falls sich Karlsruhe wegen der "europäischen Dimension" für unzuständig erklärt, wollen die Gegner den Europäischen Gerichtshof einschalten, kündigte Anwalt Starostik an.

Die Verfassungsbeschwerde wird von der Opposition im Bundestag unterstützt. Grünen-Chefin Claudia Roth erklärte: "Der Raubbau an unserem Rechtsstaat durch Schäuble, Zypries und Co. muss verhindert, die Bürgerrechte müssen unter den Bedingungen des digitalen Zeitalters gestärkt werden." Die stellvertretende Vorsitzende der Linke-Bundestagsfraktion, Petra Pau, warnte: "Auf dem Spiel stehen verbriefte Bürgerrechte und mit ihnen der demokratische Rechtsstaat."

Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle sagte: "Der Terror bleibt eine reale Bedrohung. Aber unsere freiheitliche Wertordnung können wir nicht dadurch verteidigen, indem wir sie aufgeben." Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) sprach in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa von einer "schleichenden Entwicklung hin zu einem Überwachungsstaat". Mehrere FDP-Politiker hatten ebenfalls Beschwerden gegen die Datenspeicherung angekündigt oder bereits in Karlsruhe eingereicht.

Für die Speicherung der Daten sind nun die jeweiligen Telekommunikationsunternehmen zuständig. Für die Abfrage der gesammelten Daten ist die Genehmigung durch ein Gericht erforderlich. Bislang durften Daten ohne Verdacht auf eine Straftat in Deutschland nur für Abrechnungszwecke oder mit Zustimmung der Kunden gespeichert werden. Das Gesetz regelt auch die Telekommunikationsüberwachung neu, die auf schwere Straftaten begrenzt wird. Einen absoluten Schutz vor Überwachung haben nur Strafverteidiger, Seelsorger und Abgeordnete.