Unfaire Geschäftspraktiken? Microsoft droht Milliardenstrafe
Stand: 25.10.2012
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Brüssel - Schon mehrfach stand der US-Softwareriese Microsoft unter dem Verdacht unfairer Geschäftspraktiken. Nun geht die EU-Kommission erneut gegen den Konzern vor. Microsoft steht wegen einer angeblichen Panne eine hohe EU-Geldbuße ins Haus. Die EU-Wettbewerbshüter drohen dem Konzern mit einer Milliardenstrafe wegen unlauterer Geschäftspraktiken.
Der Konzern habe eineinhalb Jahre lang den Nutzern des Betriebssystems Windows 7 keine Auswahl alternativer Web-Browser angeboten, teilte die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel nach einer Prüfung mit. Die Firma habe ihre marktbeherrschende Stellung ausgenutzt. Brüssel kann eine Strafe von bis zu zehn Prozent eines Jahresumsatzes verhängen. Maximal könnten also fast 7,4 Milliarden Dollar (5,7 Mrd Euro) fällig werden.
Die obersten Wettbewerbshüter Europas schickten dem Konzern einen Brief mit den Beschwerdepunkten. Dies ist die zweite Stufe in dem im Juli eröffneten Verfahren. Der Konzern muss nun innerhalb von vier Wochen Stellung nehmen. Danach wollen die Wettbewerbshüter das Strafmaß verkünden, eine Frist gibt es nicht.
Nur ein "technischer Fehler"?
Der US-Konzern sprach erneut von einem "technischen Fehler" und entschuldigte sich. Der Konzern ging auch auf die Vorwürfe aus Brüssel in punkto Betriebssystem Windows 8 ein. Auf Druck aus Brüssel sagte Microsoft zu, das Funktionieren des Browser-Auswahlschirms zu ändern, bevor Windows 8 Ende der Woche auf den Markt kommt.
Seit Jahren streitet Microsoft mit Brüssel um den Web-Browser. Die Programme sind nötig, um im World Wide Web zu navigieren. Microsoft installierte früher standardmäßig den hauseigenen Internet Explorer.
Nach dem Einschreiten der EU-Kommission öffnet sich inzwischen ein Auswahl-Fenster, auf dem auch Konkurrenzangebote wie Mozilla Firefox, Google Chrome, Apple Safari oder Opera erscheinen.
EU: Verstoß gegen Auflagen
Der Konzern hat nach Ansicht der EU-Kommission gegen eine zentrale Auflage aus einem früheren EU-Kartellverfahren von 2009 verstoßen. Microsoft habe versprochen, bis 2014 seinen Windows-Nutzern neben dem hauseigenen Internet Explorer verschiedene Browser von Konkurrenten anzubieten. Doch der Softwarekonzern habe zwischen Februar 2011 und Juli 2012 die Softwareaktualisierung Service Pack 1 für Windows 7 ohne den Auswahlbildschirm für die freie Wahl des Web-Browsers ausgeliefert. Davon seien rund 28 Millionen Verbraucher betroffen gewesen.
Brüssel sieht die Vormachtstellung von Microsoft als Problem - der Windows-Marktanteil liegt bei Computern und Laptops europaweit bei über 90 Prozent. Der Anteil des Internet Explorers bei den Browsern ist mit rund 31 Prozent allerdings deutlich niedriger.
EU-Wettbewerbskommissar spricht von einer "ernsthaften Botschaft"
EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia betonte: "Wenn Unternehmen Zusagen machen, müssen sie sich daran halten oder die Konsequenzen tragen." Dies sei die "ernsthafte Botschaft" an den Konzern. Die Kommission habe das Verfahren ausgeweitet und prüfe auch, ob Microsoft sich bei Windows 8 an die Auflagen halte. Brüssel verlangt, dass das Logo des Internet Explorers vom Start-Bildschirm verschwindet. Zudem dürften Kunden, die einen anderen Browser nutzten, nicht extra um eine Bestätigung gebeten werden. "Wir erwarten von Microsoft, dass sie diese Dinge angehen", sagte Almunia.
Microsoft hatte angeboten, die bis 2014 gültige Auflage zur Wahlfreiheit zwischen Browsern um 15 Monate zu verlängern. Dass diese Zusage ausreicht, ist eher unwahrscheinlich. Aus der Wettbewerbsbehörde verlautet, dass man auf einer Geldbuße beharren werde, um ein Zeichen gegen "Wiederholungstäter" zu setzen. Microsoft erklärte am Mittwoch: "Wir verstärken unsere internen Prozesse, um sicherzustellen, dass so etwas nie mehr passieren kann." Microsoft ist bereits mehrfach aus Brüssel abgestraft worden. In früheren Kartellverfahren verhängte die EU-Kommission Geldstrafen von 1,7 Milliarden Euro.