TKG-Novelle: Mehr Wettbewerb und Verbraucherschutz gefordert
Stand: 08.06.2011
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Heidelberg - Ein schnellerer Anbieterwechsel, kostenfreie Hotlines, Tarife für Kunden mit eingeschränkter Bonität - diese und ähnliche Themen standen heute anlässlich der Novelle des Telekommunikationsgesetzes auf der Agenda des Wirtschaftsausschusses im Bundestag.
Aus Verbraucherperspektive besteht vor allem bei folgenden Punkten Handlungsbedarf:
1. Breitband für alle zu bezahlbaren Preisen
Die Vorgaben aus der Breitbandinitiative der Bundesregierung „Zukunft Breitband“ müssen konsequent umgesetzt werden. Mit dem ursprünglichen Ziel, bis Ende 2010 flächendeckend „leistungsfähige Breitbandanschlüsse“ bereitzustellen, ist man bereits deutlich im Verzug.
2. Schnelligkeit des Wechselprozesses
Der Anbieterwechsel muss innerhalb von drei Werktagen machbar sein. Mehr als ein Werktag ohne Telefon und Internet ist für die Verbraucher inakzeptabel. Die Realität ist davon bisher meilenweit entfernt.
3. Mitnahme der Rufnummer
Die Verbraucher sollten bei DSL- und Mobilfunkanschlüssen ihre Nummer jederzeit und unabhängig vom Vertrag zu einem neuen Anbieter mitnehmen können. Hier sind momentan gerade Kunden, die auf ihre feste Rufnummer angewiesen sind, sehr stark eingeschränkt.
4. Kosten von Hotline-Nummern
Hotline-Nummern, deren Kosten über dem Niveau von 01802-Nummern liegen (6 Cent pro Minute), sollten erst dann kostenpflichtig werden, wenn das Gespräch mit dem Kundenberater begonnen hat. Kunden sollten gleich zu Beginn per Ansage über die Kosten des Gesprächs informiert werden und in jedem Fall das Gespräch noch kostenfrei beenden können.
5. Begrenzung Mindestvertragslaufzeit
Die Anbieter müssen flexible Tarife anbieten, damit Kunden je nach individuellen Bedürfnissen zwischen mehr Laufzeiten als heute wählen können. Aufgrund des Aufwands, der anfangs mit einem Neukunden einhergeht (z.B. mit subventionierter Hardware), sollte allerdings weiterhin die Chance bestehen, 24 Monate als Vertragslaufzeit anzubieten. Dann können die Verbraucher davon profitieren, dass der Anbieter preislich anders kalkuliert als bei einem Vertrag ohne Mindestvertragslaufzeit.
6. Kündigungsfrist
Die Kündigungsfrist sollte auf sechs Wochen und die automatische Verlängerung bei Nicht-Kündigung auf allerhöchstens sechs Monate begrenzt sein, um die Kunden nicht unnötig einzuschränken.
7. Netzneutralität
Die Netzneutraliät ist zu weiten Teilen gegeben. Nicht einmischen sollte sich der Gesetzgeber, wenn Anbieter den Zugriff auf ihr eigenes Angebot einschränken wollen bzw. mit sogenannten Premium-Angeboten Geld verdienen. Die Erfahrung z.B. im Online-Pressebereich zeigt: Der Markt und die Nutzer mit ihrem Surf- und Zahlungsverhalten sind der bessere Wächter über Neutralität im Netz als der Staat.
8. Bonitätsprüfung
Die Anbieter sollten zukünftig auch Tarife für Kunden mit eingeschränkter Bonität anbieten. Manche Verbraucher haben es im DSL-/Breitband-Bereich aufgrund fehlender Bonität (Schufa-Einträge etc.) zunehmend schwer, von einem Anbieter angenommen zu werden. Hier sollten Anbieter kreativ sein und sich über Kautions- und/oder Prepaidmodelle bemühen, auch solchen Kunden attraktive Angebote zu machen.
9. Preispolitik
Eine zu starke Einmischung des Staates in Form direkter Eingriffe in die Preispolitik der Anbieter wirkt tendenziell investions- und damit auch innovationsfeindlich. Den Anbietern muss es grundsätzlich möglich sein, ihre Investitionen durch individuelle Preissetzung zu refinanzieren und angemessene Renditen zu erwirtschaften.
10. Preisobergrenzen
Preisobergrenzen würden auch die Tarifvielfalt einschränken, weil Anbieter dann tendenziell einen Anreiz bekommen würden, eingeschränkte Pakete anzubieten, um von der Politik vorgegebene Budgets einzuhalten. Aufgrund der Dynamik im Markt mit immer neuen Geschwindigkeiten und Paketen wäre der Gesetzgeber ständig damit beschäftigt, solche Preisgrenzen neu zu definieren. Solange genügend Alternativen für Kunden zur Verfügung stehen, sorgen diese mit ihrem Wechselverhalten für das beste Regulativ.