Studie der Polizei über Account-Missbrauch im Internet
Stand: 14.07.2003
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Völlig überrascht war Stefan M.1, als er im Oktober 1999 auf die Rechnung seines Internet-Providers schaute: 5.600 Euro sollte er an Nutzungsgebühren zahlen, obwohl er nur gelegentlich das Internet nutzte. Nachdem er sich bei seinem Provider beschwerte, wurde ihm empfohlen, eine Strafanzeige bei der Polizei zu erstatten. Stefan M. war kein Einzelfall. Aus dem gesamten Bundesgebiet gingen bei dem Provider und der zuständigen Kreispolizeibehörde Anfragen ein. Schnell konnte festgestellt werden, dass zwischen den vielen Fällen Querverbindungen bestanden und zahlreiche Internet-Zugangsberechtigungen missbräuchlich genutzt wurden.
Kriminologische Auswertung
Das Bundeskriminalamt Wiesbaden und das PP Münster nahmen diesen Fallkomplex zum Anlass, eine gezielte Auswertung der Einzelfälle durchzuführen. Ziel dieser Studie war es, den "typischen Täter" des Account- Missbrauchs festzustellen, um später darauf aufbauend sinnvolle Präventions- und Repressionskonzepte zu entwickeln. Die notwendigen Informationen haben das Polizeipräsidium Münster und das Bundeskriminalamt auf der Basis eines Fragebogens in anonymisierter Form bei den sachbearbeitenden Dienststellen im Bundesgebiet erhoben.
Typische Account-Missbraucher sind jung und männlich. Schon relativ früh gingen die Behörden davon aus, dass häufig nicht die Anschlussinhaber selbst, sondern deren Kinder für die illegale Nutzung der Zugangsberechtigungen verantwortlich sein könnten. Die Auswertung der Fragebögen bestätigte diese Vermutung der Polizei. Der "typische Täter" war männlichen Geschlechts, zwischen 16 und 21 Jahren alt, wohnhaft bei den Eltern (den Telefonanschlussinhabern) und hatte mittlere bis gehobene Schulbildung sowie PC-Kenntnisse.
Ermittlungserfolge haben auch präventive Wirkung
Die Auswertung hat gezeigt, dass den Tätern die Informationen zur Nutzung fremder Zugangsdaten überwiegend durch "Chat-Rooms" oder so genannte "Hacker-Seiten" bekannt wurden. Diese Tatsache hat aber auch einen präventiven Aspekt: Über "Chat-Rooms" und "Hacker-Seiten" veröffentlichen die Tatverdächtigen auch, dass sie durch die bestehenden Rückverfolgungsmöglichkeiten "erwischt worden" sind. Weitere potentielle Täter werden dadurch abgeschreckt. Das PP Münster hat die Erkenntnisse in ein bestehendes Präventionskonzept einfließen lassen: So werden Aufklärungsveranstaltungen angeboten, die sich schwerpunktmäßig an Lehrer richten. Ziel ist es, über diese Multiplikatoren die potentiell gefährdeten Jugendlichen und jungen Erwachsenen frühzeitig bezüglich der möglichen straf- und zivilrechtlichen Konsequenzen zu sensibilisieren.