Snowden ruft zu Ende von Massenüberwachung auf
Stand: 27.12.2013
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London - Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden sieht nach seinen Enthüllungen über flächendeckende Massenüberwachung die Bürger in aller Welt am Zug. Gemeinsam könnten sie den maßlosen Aktivitäten der Geheimdienste ein Ende setzen, sagte Snowden in einer Botschaft, die der britische Fernsehsender Channel 4 am ersten Weihnachtstag ausstrahlte. Zuvor hatte er in einem Zeitungsinterview gesagt, mit seinen Enthüllungen sei seine persönliche Mission "schon erfüllt".
"Vor kurzem haben wir erfahren, dass die Regierungen gemeinsam ein System der weltweiten Massenüberwachung geschaffen haben, das alles sieht, was wir machen", sagte Snowden bei seinem ersten Fernsehauftritt seit seiner Flucht nach Russland im Juni. "Gemeinsam können wir eine bessere Ausgewogenheit finden, der Massenüberwachung ein Ende setzen und die Regierung daran erinnern, dass sie, wenn sie wissen will, wie es uns geht, uns lieber fragt als uns auszuspionieren."
Der frühere Mitarbeiter des US-Geheimdienstes führte aus, George Orwell habe mit seinem Science-Fiction-Roman "1984" "die Menschen vor den Gefahren dieser Art von Informationen gewarnt". Die von Orwell dargestellten Überwachungsmethoden durch Kameras und Mikrofone seien jedoch "nichts im Vergleich mit der heutigen Situation". "Wir haben Detektoren in unseren Taschen, die uns folgen, wo immer wir hingehen", ergänzte der IT-Spezialist offenbar mit Blick auf Mobiltelefone.
Snowden fügte hinzu, ein heute geborenes Kind wisse nicht mehr, was Privatleben sei und was es bedeute, "einen Gedanken zu haben, der weder aufgenommen wurde, noch analysiert". Dies sei ein Problem, denn "das Privatleben hilft uns zu bestimmen, wer wir sind und wer wir sein wollen".
Snowdens Appell wurde als eine der "alternativen" Weihnachtsbotschaften gesendet, die Channel 4 seit 1993 als Antwort auf die traditionelle Weihnachtsansprache von Königin Elizabeth II. im Programm hat. 2008 etwa sendete der britische Privatsender eine Botschaft des damaligen iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad.
Vor Snowdens Fernsehauftritt hatte die "Washington Post" an Heiligabend das erste persönliche Interview mit ihm seit einem halben Jahr veröffentlicht. "Für mich ist die Mission, was persönliche Befriedigung angeht, schon erfüllt", sagte der 30-Jährige darin. Zu seinen Beweggründen sagte Snowden, er habe nicht die Gesellschaft verändern wollen. "Ich wollte der Gesellschaft die Möglichkeit geben zu entscheiden, ob sie sich selbst ändern will." Schließlich habe die Kontrolle der NSA auf jeder Ebene versagt.
Der IT-Spezialist Snowden war als Angestellter des Beratungsunternehmens Booz Allen Hamilton für den US-Geheimdienst NSA tätig und hatte Zugriff auf vertrauliche Informationen über die Spähprogramme des Dienstes. Ende Mai setzte er sich mit den Geheimdokumenten von seinem damaligen Dienstort Hawaii in die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong ab. Dort begann er Anfang Juni damit, Unterlagen über die systematische Überwachung des Internets und das Ausspähen von Telefonverbindungen an Medien weiterzugeben.
Seine Enthüllungen sorgten weltweit für Empörung. Die US-Justiz erließ gegen Snowden einen internationalen Haftbefehl wegen Spionage. Er floh nach Russland. Am 1. August gewährte ihm Moskau vorläufig für ein Jahr Asyl.