Regulierte Roamingkosten: Profitieren Verbraucher wirklich?
Stand: 18.06.2014
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Heidelberg. Ab 1. Juli können Verbraucher im europäischen Ausland erneut günstiger telefonieren. Die sogenannten Roamingkosten, die bei abgehenden und ankommenden Mobilfunkgesprächen in ausländischen Netzen anfallen, sinken dann zum insgesamt achten Mal. Das ist europarechtlich geregelt. Was zunächst wie eine positive Nachricht für Handynutzer klingt, hat allerdings eine Kehrseite, wie das unabhängige Verbraucherportal Verivox erläutert. Denn den gesenkten Auslandspreisen stehen im Vergleich zu anderen europäischen Ländern relativ hohe Inlandspreise gegenüber. Zudem profitieren durchschnittliche Urlauber weitaus weniger von den Preissenkungen als vielreisende Geschäftskunden.
Deutsche Handynutzer telefonieren teuer
Hiesige Mobilfunknutzer zahlen für Inlandsgespräche teilweise doppelt so viel wie Handykunden in anderen europäischen Ländern. Das liegt vor allem an den sogenannten Terminierungsentgelten, die eine Telefongesellschaft für die Zustellung eines Anrufs in ein fremdes Netz bezahlen muss. Diese Gebühren sind hierzulande um 79 Prozent höher als die Empfehlung der EU-Kommission (1,79 Cent im Vergleich zu 1 Cent). Deutlich niedriger sind die Entgelte zum Beispiel in Österreich und Frankreich (0,80 Cent), aber auch in Italien (0,98 Cent), Spanien (1,09 Cent) und selbst in Schweden (1,25 Cent) ist das mobile Telefonieren für die Nutzer erheblich günstiger als in Deutschland. „Die Bundesnetzagentur als verantwortliche Regulierungsbehörde möchte diese Entgelte zunächst jedoch nicht senken, um den Netzbetreibern ausreichend Spielraum für Investitionen in die Infrastruktur zu lassen“, erläutert Verivox-Telekommunikationsexperte Sven Ehrmann. Preissenkungen im Inland dürften deshalb bis auf weiteres schmal ausfallen.
Geschäftskunden profitieren am meisten
Die merklich gesenkten Auslandspreise nutzen indes dem durchschnittlichen privaten Verbraucher deutlich weniger als Unternehmen, deren Angestellte häufig ins Ausland reisen. Geschäftskunden – typischerweise Vieltelefonierer – profitieren in der Regel viel stärker von den politischen Maßnahmen als Privatkunden auf Urlaubsreise, für die nur ein- oder zweimal im Jahr Roamingkosten anfallen.
Zum Vergleich: Wer während eines Urlaubs im europäischen Ausland zweimal für jeweils fünf Minuten nach Deutschland telefonierte, zahlte 2007 kurz vor der ersten Roaming-Regulierung im Schnitt 13,69 Euro dafür. Ab 1. Juli 2014 fallen über den regulierten Euro-Tarif 2,26 Euro an. Damit ergibt sich zwar eine Ersparnis von über 83 Prozent (11,43 Euro), doch die eingesparte Summe macht nur einen Bruchteil der Kosten aus, die ohne Roaming im gesamten Jahr anfallen.
Viel größer hingegen ist die Ersparnis für Unternehmen, deren Angestellte nicht nur wenige Minuten pro Jahr in ausländischen Netzen telefonieren, sondern viele Stunden. Der durchschnittliche Urlauber spart also im Regelfall deutlich mehr, wenn er seinen Heimattarif optimiert. Das ist insbesondere dann anzuraten, wenn der Vertragsabschluss schon länger her ist: Denn heute betragen die deutschlandweiten Minutenpreise nur noch rund ein Drittel der Preise von 2007 – ohne weit reichende regulatorische Eingriffe.
Tarif-Bandbreite ist so hoch wie nie
Ehrmann rät deshalb zu einer Überprüfung des eigenen Handytarifs für die Nutzung im In- und Ausland: „Verbraucher haben heute so viele Möglichkeiten wie nie zuvor, den individuell besten Tarif zu finden. Diese Bandbreite sollte man nutzen und mit dem eigenen Telefonverhalten abgleichen. Inzwischen gibt es beispielsweise Angebote, bei denen man gegen eine kleine Gebühr seine Inlands-Flatrate auch ins europäische Ausland mitnehmen kann. Das gilt manchmal sogar für die mobile Internetnutzung.“