Regierung will über neue Datenschutzregeln fürs Internet nachdenken
Stand: 19.08.2010
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Berlin - Die Bundesregierung will bis zum Herbst mögliche neue Vorgaben für mehr Datenschutz im Internet prüfen. Eine gesetzliche Regelung müsse einen "ausgewogenen Ausgleich" zwischen Interessen des Datenschutzes und wirtschaftlichen Interessen beachten. Das erklärte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans am Mittwoch. Dies gehe nicht "von heute auf morgen".
Einen genauen Zeitpunkt für das Ende der Prüfung nannte Steegmans nicht. Am 20. September aber sollen Interessenvertreter - Internetkonzerne, Daten- und Verbraucherschützer - über das Thema beraten. Über die Zusammensetzung dieses Treffens soll in der kommenden Woche entschieden werden. Die "Komplexität des Themas" werde sich in der Teilnehmerliste widerspiegeln, sagte ein Sprecher von Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Die Regierung wolle "alle Seiten hören", um die Folgen einer möglichen gesetzlichen Regelung abschätzen zu können, sagte Steegmans.
Ein speziell auf den umstrittenen Straßenbilderdienst Street View von Google zugeschnittenes Gesetz lehnte das Kabinett am Mittwoch ab. Der Bundesrat hatte einen entsprechenden Vorschlag gemacht. Ein Sprecher von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) machte klar, dass die Regierung ein Problem eher in der Verknüpfung und Vermarktung von persönlichen Daten im Netz sehe. Aigner sagte der "Passauer Neuen Presse", es gebe längst Internet-Anbieter, die Telefonbuchdaten mit Luftbildern von Wohngebieten verbinden.
Auch der Branchenverband Bitkom forderte eine "strategische Netz-Politik statt symbolischer Einzelaktionen." Nötig seien eine Anpassung des Medien- und Datenschutzrechts sowie mehr Koordination, erklärte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. Zahlreiche Gremien und Ministerien arbeiteten an den gleichen Fragen der digitalen Zukunft. "Es ist Zeit für einen einheitlichen Ansatz."
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar schlug ein zentrales Widerspruchsregister gegen Veröffentlichungen persönlicher Daten im Internet vor. Es könne nicht angehen, dass Widerspruchsrechte vom guten Willen der jeweiligen Unternehmen abhängen, erklärte er in Berlin. Nicht akzeptabel wäre es auch, dass Betroffene einzeln gegenüber allen Anbietern entsprechender Dienste einer Veröffentlichung widersprechen müssen.
Schaar forderte von der Regierung zudem ein ausdrückliches Verbot der Bildung von Persönlichkeitsprofilen. Ein solches Verbot könnte etwa dazu beitragen, dass Daten über Mieter oder Eigentümer von veröffentlichten Gebäuden nicht mit anderen persönlichen Informationen zusammengeführt und ausgewertet werden, erklärte er. "Die Verknüpfung personenbezogener Daten sollte nur zulässig sein, wenn die Betroffenen damit einverstanden sind oder wenn ein Gesetz dies ausdrücklich vorschreibt."
Im Falle Street View sprachen sich Politiker von Union und FDP für eine Umkehr der bisher von Google eingeräumten Einspruchsmöglichkeit aus. "Ich bin dafür, dass jedenfalls dort, wo von Google sensibles Datenmaterial erhoben wird, über eine Einwilligungslösung nachgedacht werden sollte", sagte die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Gisela Piltz der "Bild"-Zeitung. Der CSU-Sicherheitsexperte Stephan Mayer forderte Google auf, insbesondere bei älteren Menschen um eine Einwilligung bei der Veröffentlichung zu fragen und nicht allein das Widerspruchsrecht gelten zu lassen.