San Francisco (dpa) - Die abgebrochenen Fusionsgespräche zwischen Microsoft und SAP zeigen nach Ansicht des Softwareunternehmens Oracle, dass es genügend Wettbewerb im Markt für Unternehmenssoftware gibt. "Das ist ein Beispiel für das grosse Spiel, das Ausmass an Wettbewerb, den es derzeit in dieser Industrie gibt", sagte Oracle- Anwalt Dan Wall am Montag (Ortszeit) in San Francisco. Die Annahme des US-Justizministeriums, eine Übernahme des Softwareunternehmens PeopleSoft durch Oracle würde die Zahl der konkurrierenden Unternehmen von drei auf zwei reduzieren, seien reine "Fiktion".
Das Kartellverfahren des US-Justizministeriums um die feindliche Kaufofferte für PeopleSoft durch Oracle hatte am Montag mit einem Paukenschlag begonnen. Kurz vor Beginn der Verhandlungen zu dem geplanten Übernahmeversuch in Höhe von 7,7 Milliarden US-Dollar (6,2 Mrd Euro) war bekannt geworden, das Microsoft vor wenigen Monaten an SAP herangetreten war, um seinerseits eine mögliche Fusion zu diskutieren.
Nach Bekanntwerden der Fusionsgespräche zwischen Microsoft und SAP sehen sich inzwischen jedoch auch Kritiker der beabsichtigten PeopleSoft-Übernahme bestätigt. Das Justizministerium will klären, ob die geplante Übernahme gegen das Kartellrecht verstösst. Kritiker befürchten, dass ein enormer Druck auf den Wettbewerb sowie höhere Preise und sinkende Qualität die Folge sein könnten. Der zuständige Staatsanwalt Tom Barnett sieht in den aufgegebenen Gesprächen ein Indiz dafür, "dass Microsoft nicht das Potenzial oder den Plan hat, in diesen Markt einzutreten".
Microsoft ist bereits seit einigen Jahren an dem Marktsegment für Unternehmenssoftware interessiert. Zuletzt hatte sich der weltgrösste Softwarekonzern durch Übernahmen spezialisierter, kleinerer Softwarefirmen wie GreatPains und Navision Marktanteile gesichert und machte dem weltgrössten Hersteller von Unternehmenssoftware, SAP, zunehmend Konkurrenz. Am Montag gaben Microsoft und SAP bekannt, dass beide Unternehmen Sondierungsgespräche über eine mögliche
Fusion geführt haben.
SAP begründete diese Bekanntgabe der inzwischen eingestellten Fusionsverhandlungen damit, dass im Laufe des Oracle-PeopleSoft- Verfahrens möglicherweise vertrauliche und interne Informationen an die Öffentlichkeit hätten gelangen können. Vor einigen Monaten habe Microsoft die Gespräche wegen der Komplexität einer solchen potenziellen Transaktion beendet, hiess es.
In dem Verfahren gegen Oracle versucht das amerikanische Justizministerium, unterstützt von mehreren US-Bundesstaaten, die PeopleSoft-Übernahme aus Wettbewerbsgründen zu verhindern. PeopleSoft hatte sämtliche Oracle-Kaufangebote als unzureichend und wettbewerbswidrig abgelehnt. Oracle hatte seine Offerte an die PeopleSoft-Aktionäre wiederholt verlängert. Zuletzt hatte Oracle Ende Mai sein Angebot von 26 Dollar auf 21 Dollar je
Aktie reduzierte.
Das Kartellverfahren wird voraussichtlich einen Monat dauern. Das Justizministerium will nachweisen, dass durch einen Kauf von PeopleSoft nur noch Oracle, die bisherige Nummer drei nach dem Übernahmekandidaten, und Marktführer SAP als wesentliche Anbieter von Softwareprodukte für Grossunternehmen und -organisationen übrig bleiben würden. Oracle sieht dagegen nicht nur SAP, sondern auch Microsoft und kleinere Softwarefirmen als Mitspieler im globalen Markt für Unternehmenssoftware.