Online-Gipfel: Freiheit im Netz - Bürgerrecht oder Alptraum?
Stand: 14.10.2010
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München - Das Internet vergisst nichts. Das Internet hat ein Gedächtnis, welches noch viel besser ist, als den Datenschützern lieb sein kann. "Es gibt keine Löschtaste fürs Internet, die kann auch unser Unternehmen nicht erfinden", so Dorothee Ritz vom Deutschland-Management des US-Softwareriesen Microsoft am Donnerstag in München. "Wir können problematische Daten bei uns vernichten", sagt auch ihr Kollege Philipp Schindler vom Internetsuchdienst Google. "Aber wir haben keinen Zugriff auf die Quelle."
Datenschutz ja - aber ihn lokal zu sichern, wenn die Medien global aufgestellt sind, ist eine Herausforderung, befanden die Diskutanten beim sogenannten Online-Gipfel mit dem Titel "Freiheit im Netz: Bürgerrecht oder Alptraum" auf den Münchner Medientagen. "Nationales und auch europäisches Recht stößt an seine Grenzen, wenn der Server ganz woanders steht", sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). "Wir sind in die Pflicht genommen, uns auf grundlegende Standards zu verständigen."
Bis zum 7. Dezember wollen die deutschen Datenschützer einen Kodex ausgearbeitet haben, mit dem alle zufrieden sind und der für die Branche als Selbstverpflichtung dient. Eine Gesichtserkennung könne zum Beispiel niemand wollen, sagte Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU). Das Widerspruchsrecht des Bürgers müsse einfach gehalten werden, lautet eine Forderung. Wenn er seine Daten nicht publiziert haben möchte, soll er nicht zu langen schriftlichen Eingaben gezwungen werden.
Widersprüche Betroffener sammelt derzeit Google. Dass gegen das Unterfangen Street View von Google - also das fotografische Erfassen von öffentlichen Straßenzügen und privaten Gebäuden fürs Netz - bislang 200 000 Beschwerden eingegangen seien, wollte Google-Mann Schindler nicht bestätigen. Abgerechnet werde, wenn alle Zahlen vorliegen, sagte er. Die Widerspruchfrist endet an diesem Freitag.
Klaus Schrotthofer, Geschäftsführer der Zeitungsgruppe Thüringen, warnte davor, beim Thema Datenschutz mit zweierlei Maß zu messen. "Ich gönne Google oder Microsoft ihren geschäftlichen Erfolg", sagte er. "Auch wir wollen Geschäfte machen. Aber dann müssen gleichermaßen harte Rahmenbedingungen für alle gelten. Man kann nicht Facebook und ähnlichen Plattformen sämtliche Freiheiten lassen, während uns Verlegern schon bei der Frage, wen dürfen wir anrufen, die Hände gebunden sind."