NSA-Enthüllungen verunsichern Netznutzer
Stand: 05.11.2014
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Berlin - Der NSA-Skandal hat bei vielen Internetnutzern Ängste geschürt. Wer bisher nicht im Netz aktiv war, müsste dazu laut Experten gezielt angesprochen werden.
Der Skandal um die Ausspähaktionen der Geheimdienste hat deutsche Internetnutzer verunsichert. Viele von ihnen fühlten sich weniger gewandt im Umgang mit dem Netz, ergab eine repräsentative Umfrage der Initiative D21. "Die Leute dachten, sie kennen sich aus, und haben wegen der NSA festgestellt, dass sie sich weniger auskennen", sagte Robert Wieland, der Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstituts TNS Infratest, das die Studie erstellte.
Demnach sorgen sich 60 Prozent der Deutschen um ihre persönlichen Daten. 16 Prozent fühlen sich so unsicher im Umgang mit Computern und Internet, dass sie Angst haben, die Technologien zu benutzten. "Wir haben in Deutschland ein wahnsinnig hohes Sicherheitsbedürfnis", sagte Wieland am Mittwoch in Berlin. "Gleichzeitig setzen wir uns aber mit den neuen Dingen nicht so intensiv auseinander, um uns selber zu schützen." Für den Meinungsforscher ist das ein Widerspruch, aus Nutzersicht könnte man auch von Resignation sprechen.
Mehrheit will E-Mails in Europa halten
Die Geschäftsmodelle von großen Internet-Firmen sorgen ebenfalls für Unbehagen. 78 Prozent der Deutschen finden es nicht in Ordnung, wenn im Gegenzug für einen kostenlosen Dienst andere Zugriff auf persönliche Informationen bekommen. Ihre Daten wähnen die Deutschen innerhalb von Europa sicherer. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) möchte E-Mails, die sie innerhalb Europas verschicken, nicht über andere Länder transportieren. Diese Idee ist als "Schengen-Routing" im Gespräch und wird unter anderem von der Deutschen Telekom vorangetrieben. Fachleute geben zu bedenken, dass ein solches Routing technisch schwierig umsetzbar sei.
20 Prozent der Deutschen sind offline
Neben Sorgen um Datenschutz und NSA bestätigte die Studie einen allgemeinen Trend: Die Zahl der Internetnutzer in Deutschland wächst kaum noch. Gut 20 Prozent der Deutschen sind offline. Dieser Anteil ist seit zwei Jahren praktisch unverändert. Die Offliner sind zumeist weiblich, älter und wohnen in den neuen Bundesländern. In Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern etwa nutzen weniger als 70 Prozent der Menschen das Internet, während es in Hamburg und Berlin mehr als 80 Prozent sind. Um die Offliner für das Internet zu begeistern, "muss man sehr gezielte Maßnahmen ergreifen", sagte Malthe Wolf von TNS Infratest.
Er sieht die Gefahr, dass diese Menschen von Informationen abgehängt werden. Brigitte Zypries, parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, zeigte dagegen Verständnis. "Es muss ja auch nicht jeder das Internet nutzen, um glücklich zu werden", sagte sie. Die Studienergebnisse seien für sie nicht überraschend. Gerade ältere Frauen, die nicht berufstätig sind, hätten wenige Gelegenheiten für Online-Aktivitäten.
Zypries ermahnte zugleich Unternehmen, die Digitalisierung nicht zu verschlafen. "Insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen haben die Bedeutung des Internets für ihr wirtschaftliches Handeln nicht erkannt", sagte sie. "Deswegen bemühen wir uns auch, die zu motivieren."
TNS Infratest befragte 33 000 Menschen am Telefon. Die Studie wurde vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert und ist repräsentativ.