Nach US-Verkauf: Deutsche Telekom will in die Zukunft investieren
Stand: 22.03.2011
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Bonn - Die Deutsche Telekom will mit dem Verkauf ihrer US-Mobilfunktochter gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen: Erstens setzt der Bonner Konzern dem unsicheren Abenteuer USA ein Ende. Zweitens können mit den Verkaukfserlösen drückende Schulden abgebaut werden. Drittens wird der Weg für notwendige Investitionen freigemacht. Aber noch ist der Deal nicht in trockenen Tüchern.
Innovation und Ausbau der Geschäftsfelder in Deutschland und Europa - so lautet die Devise der Deutschen Telekom nach dem Verkauf ihrer US-Sparte an den Marktriesen AT&T. Gut 39 Milliarden Dollar (28 Mrd Euro) zahlen die Amerikaner. Geld, mit dem sich der Bonner Konzern in vielversprechenden Bereichen wie der Datenwolke, dem vernetzten Auto und intelligenten Energienetzen breiter aufstellen will.
"Die Telekom muss mehr werden als nur Netzbetreiber", sagte Finanzvorstand Tim Höttges am Montag. Eine Expansion nach Asien oder Afrika schloss er aus. Aber bevor das Geld fließt, haben die Kartellwächter das Sagen. AT&T rechnet damit, dass der Kauf erst in zwölf Monaten abgeschlossen werden kann.
Börse feiert Befreiungschlag
Mit dem Verkauf der US-Sparte trennt sich die Telekom von rund einem Viertel ihres Geschäfts. Der vor zehn Jahren für viel Geld übernommene einstige Ertragsgarant war im hart umkämpften US-Markt immer mehr ins Hintertreffen geraten. "Wir haben die beste Lösung für unser Unternehmen, unsere Kunden und unsere Aktionäre gefunden", sagte Telekom-Chef René Obermann. Das wurde an der Börse ähnlich gesehen, wo der Radikalschnitt als Befreiungsschlag gefeiert wurde.
Höttges sprach von der mit Abstand attraktivsten Möglichkeit. Die Erwartungen an einen Verkaufspreis seien erheblich geringer gewesen. Im Schnitt sei T-Mobile USA mit 17,5 Milliarden Euro bewertet worden. Nun erhalte die Telekom von AT&T 28 Milliarden Euro. "Wir verkaufen ein Viertel des Unternehmens und bekommen 70 Prozent des Unternehmenswertes der Telekom." 28 Milliarden Dollar will AT&T bar auf den Tisch legen und 14 Milliarden Dollar in AT&T-Aktien. Die Deutschen erhielten damit einen Anteil von 8 Prozent am größten Telekom-Konzern der Welt und könnten pro Jahr rund 600 Millionen Euro Dividende einstreichen.
Kartellwächter werden prüfen
Noch aber steht der Segen der Kartellwächter aus. Analysten erwarten, dass die Wettbewerbshüter in den USA den Zusammenschluss genau unter die Lupe nehmen werden. Daher drehten sich bei einer kurzfristig anberaumten Konferenz am Montag in New York die meisten Wortmeldungen um die Frage, ob AT&T das Geschäft glatt durchbekommt.
Der Chefjustiziar des Konzerns, Wayne Watts, gab sich zuversichtlich. Er räumte allerdings ein, dass es noch keine Signale aus Washington gebe. Neben dem Justizministerium wird auch der Netzregulierer FCC zu bewerten haben, ob die Megaübernahme den Wettbewerb behindert.
Von Erfahrungen mit Übernahmen profitieren
Höttges hält die Gefahr wettbewerbsrechtlicher Schwierigkeiten für gering. AT&T habe große Erfahrung mit Übernahmen und amerikanischen Wettbewerbshütern. "Bei kleineren Auflagen wird der Deal nicht scheitern. Im unwahrscheinlichen Fall, dass er bei größeren Auflagen doch scheitert, zahlt AT&T uns drei Milliarden Dollar."
Der Bonner Konzern hatte seine US-Mobilfunktochter zuletzt auf den Prüfstand gestellt. Die Nummer vier im US-amerikanischen Mobilfunk-Markt verlor Kunden und fiel hinter die Konkurrenz zurück. Viele Nutzer beschwerten sich über unzureichende Netzabdeckung und wanderten zu den größeren Anbietern ab. Die Telekom hatte sich zuletzt alle Möglichkeiten für die Tochter mit rund 34 Millionen Kunden offen gelassen: Eine Partnerschaft, einen Börsengang, einen teilweisen oder kompletten Verkauf oder eine Netzkooperation.
Aussichtsloser Kampf beendet
Wie das Schwesterunternehmen Deutsche Post hatte sich die Telekom nach der Privatisierung auf die Suche nach einem zukunftsträchtigen zweiten Standbein neben dem schrumpfenden Monopolgeschäft gemacht. Sie stieg 2001 mit der Übernahme der Mobilfunkbetreiber Voicestream und Powertel in den USA ein.
Das zahlte sich zunächst aus, T-Mobile USA war mehrere Jahre eine Ertragsperle. Doch dann drehte sich der Wind: Kunden begannen sich über die lückenhafte Netzabdeckung und das Fehlen des heiß begehrten iPhones von Apple in der Handypalette zu beklagen und wechselten in Scharen zu den Platzhirschen AT&T und Verizon Wireless. Mit dem Verkauf verhindert Obermann nun einen kostspieligen und von vielen als aussichtslos bezeichneten Kampf. Er entschied sich für ein schnelles Ende - und ließ ihn sich noch mit viel Geld versüßen.
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