Bonn - An diesem Donnerstag könnte es auf der Hauptversammlung der Telekom in Köln eng für Telekomchef Rene Obermann werden. Die Aktionäre sind nach der jüngsten Gewinnwarnung nicht gerade begeistert vom aktuellen Management. Kritische Fragen bezüglich der Spitzelaffäre scheinen unausweichlich. "Das wird keine angenehme Geschichte für das Telekom-Management", unkt ein Branchenbeobachter.
Unangenehme Fragen drohen Vorstand und Aufsichtsrat nach der in der vergangenen Woche ausgegebenen Gewinnwarnung. Überraschend hatte Obermann seine nur acht Wochen alte Gewinnprognose wegen Problemen im ausländischen Mobilfunkgeschäft zurückgenommen. Analysten wie der Sal.Oppenheim-Experte Frank Rothauge sehen die Glaubwürdigkeit von Obermanns Führungsriege angekratzt. "Die meisten Probleme waren Ende Februar vorhersehbar", sagt er.
Seit dem 21. April machen wir uns ernsthafte Sorgen um die Stabilität und die Wachstumsstory der
Telekom", sagt Aktionärsschützer Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Bislang habe sich das Wachstum der Telekom aus dem Ausland genährt. "Als Aktionär fragt man sich, wie die Telekom sich dort jetzt noch nachhaltig positiv entwickeln will", kritisiert Tüngler. Besonders beunruhigend findet er, dass Obermann auch von einem Rückgang des Free Cashflow ausgeht. "Das ist die Größe, die der Vorstand letztendlich beeinflussen kann. Wenn er den Ausblick trotz dieser Möglichkeit senkt, scheint die Situation noch deutlich angespannter zu sein als gedacht."
Die
Dividende ist nach Meinung von Tüngler ebenfalls ein großes Thema. "Wann wird diese endlich verdient und nicht mehr aus der Substanz ausgeschüttet", fragt er. Andere Aktionäre beschäftigt vielmehr die Höhe der Dividende. Dabei hält die Telekom in diesem Jahr ein kleines Schmankerl für sie bereit: Die 0,78 Euro werden im Gegensatz zum Vorjahr für inländische Aktionäre steuerfrei sein, weil sie aus dem sogenannten steuerlichen Einlagenkonto gezahlt werden. Das könnte zumindest Kleinanleger in Deutschland etwas versöhnlich stimmen.
Spitzelaffäre und Datenskandal dürften unterdessen für Unruhe unter den Aktionären sorgen: Im vergangenen Jahr war bekanntgeworden, dass der Bonner Konzern Verbindungsdaten unter anderem von Aufsichtsräten, Journalisten und Mitarbeitern ausgespäht hatte. Ein ehemaliger Mitarbeiter der Konzernsicherheit saß über Wochen in Untersuchungshaft bis er kürzlich gegen Auflagen Haftverschonung erhielt.
Die Bonner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den früheren Post-Chef und Ex-Telekom-Aufsichtsratschef Klaus Zumwinkel und Obermanns Vorgänger Kai-Uwe Ricke. Die Telekom stellte jüngst Schadensersatzforderungen in Höhe von einer Million Euro gegen Zumwinkel. Der Aufsichtsrat soll ähnliche Forderungen gegenüber Ricke vorbereiten. Vorstand und Aufsichtsrat wollen deshalb vorschlagen, die Entlastung Zumwinkels bis zur nächsten Hauptversammlung im Jahr 2010 zu vertagen.
Doch einige Aktionäre spielen den Ball zurück: Sie finden, dass auch die Führungsriege um Obermann und ihre Kontrolleure in die Verantwortung genommen werden müssen. Erst wenn die Spitzelaffäre vollständig aufgeklärt ist, wollen sie beide Gremien entlasten. Der fahrlässige Umgang mit Kundendaten habe zu einem weiteren Vertrauensverlust geführt, der sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat anzulasten sei, heißt es außerdem in einem der Gegenanträge zur Hauptversammlung.
Daneben dürften diverse Personalien die Anteilseigner beschäftigen. So sind einige Aktionäre nicht mit dem Vorschlag des Finanzstaatssekretärs Jörg Asmussen für den Aufsichtsrat einverstanden. Sie befürchten einen zu großen Einfluss des Bundes als Großaktionär.
Tüngler will die Machtunion um Telekom-Chef Obermann thematisieren, der im Februar seinen Freund Tim Höttges zum Finanzvorstand machte. "Dessen Vorgänger Karl-Gerhard Eick achtete streng auf die finanzielle Disziplin und hielt Obermann damit an der kurzen Leine", sagt Tüngler. Er befürchtet, das Höttges seinem Freund Obermann einiges mehr durchgehen lassen wird.