Frankfurt - Neun Jahre nach der spektakulären UMTS-Auktion zur Jahrtausendwende kommt wieder ein dickes Paket an Frequenzen auf den Markt. Neben der Vergabe neuer und wieder freigegebener Spektren berät die Bundesnetzagentur im kommenden Jahr auch über die weitere Verwendung bereits vergebener Mobilfunkfrequenzen. Außerdem werfen die Mobilfunkanbieter begehrliche Blicke auf Rundfunkfrequenzen, die durch die Digitalisierung des Fernsehens frei geworden sind - die so genannte digitale Dividende. Ob es wieder zu einer Versteigerung kommen wird oder ein anderes Vergabeverfahren gewählt wird, ist aber noch nicht sicher. Im Jahr 2000 hatte der Bund 50 Milliarden Euro aus der Versteigerung erlöst.
Bereits im Sommer hatte die Bundesnetzagentur die Vergabe der Frequenzen angekündigt. Dabei geht es nicht nur um "frische" Frequenzen im so genannten UMTS-Erweiterungsband bei 2,6 Gigahertz. Auch UMTS-Lizenzen, die nicht genutzt und zurückgegeben wurden, kommen wieder unter den Hammer. Angesichts des Booms mobiler Datendienste und steigender Datenumsätze sehen die Mobilfunkbetreiber die Vergabe mit großem Interesse. Außerdem werden die Frequenzen im Gegensatz zur ersten Versteigerung im Jahr 2000 technologieneutral vergeben. Das heißt, die Mobilfunkunternehmen können selbst entscheiden, welchen Standard sie letztlich einsetzen wollen. Die Frequenzen sind damit nicht mehr nur für UMTS reserviert.
Das so UMTS-Erweiterungsband und die Vergabe zurückgegebener UMTS-Lizenzen werde als ein Paket gesehen, sagt BITKOM-Experte Manfred Breul. "Wer als Newcomer in die Versteigerung einsteigen könnte, ist eine spannende Frage." Zuletzt war häufig der Name Google gefallen - der Internetgigant hatte sich bereits in den USA für Mobilfunkfrequenzen interessiert.
Ein Neuling dürfte es auf dem deutschen Mobilfunkmarkt allerdings schwer haben. "Die vier etablierten Provider decken bereits 100 Prozent des Marktes ab," sagt Breul. Im Jahr 2000 hatten neben den vier Netzbetreibern T-Mobile, Vodafone, O2 und E-Plus auch zwei Neulinge mitgesteigert. Sie hatten die Frequenzen dann aber zurückgegeben, weil sich der Netzausbau als zu teuer erwies. Karl-Heinz Neumann vom Beratungsunternehmen WIK-Consult hält die Wahrscheinlichkeit für einen Newcomer aus diesem Grund auch für begrenzt.
Neue Nutzungsmöglichkeiten für mobiles Internet sind auch die Hoffnung beim so genannten "Refarming". Dabei soll auf Drängen der EU-Kommission die bisherige Technologiegebundenheit von Mobilfunkfrequenzen in den Bereichen 900 bis 1.800 Megahertz (Mhz) an den älteren Mobilfunkstandard GSM aufgegeben werden, um diese zum Beispiel für das neuere UMTS zu nutzen.
Kleinere Mobilfunkanbieter wie die KPN-Tochter E-Plus sehen darin aber auch eine Chance, einen größeren Teil im niedrigeren Frequenzspektrum zu erhalten, das eine bessere Versorgung in der Fläche ermöglicht. Bislang halten die D-Netzbetreiber T-Mobile und Vodafone einen größeren Teil der Frequenzen im Bereich 900 Mhz, O2 Telefonica und E-Plus haben wegen ihres späteren Markteintritts vor allem Frequenzen im 1.800-Mhz-Bereich. "In den höheren Frequenzbereichen sind auf Grund der schlechteren Ausbreitungseigenschaften mehr Basisstationen notwendig, entsprechend ist ein Netzausbau teurer", sagt WIK-Experte Neumann. Diese Asymmetrie führt seiner Einschätzung nach zu Wettbewerbsverzerrungen. In Großbritannien habe sich der Regulierer bereits für eine Flexibilisierung und Umverteilung der Frequenzen ausgesprochen.
"Spannend sind alle Frequenzbereiche unter 1 Gigahertz", sagt E-Plus-Experte Bernd Sörries. Nach den Vorstellungen von E-Plus und O2 müssten deshalb die Frequenzen im Bereich zwischen 900 und 1.800 Megahertz noch einmal neu verteilt werden - und zwar bevor über die Vergabe anderer Frequenzen entschieden wird. Die größeren Konkurrenten halten von dem Vorschlag nichts: "Wir sehen keine Notwendigkeit für eine Rückgabe", sagte ein Vodafone-Sprecher. Auch T-Mobile lehnt eine Neuverteilung ab und verweist auf zudem auf hohe Kosten, die durch einen Umzug entstehen könnten. Bis zum 19. Januar können Marktteilnehmer ihre ersten Stellungnahmen bei der Bundesnetzagentur abgeben. Erwartet wird, dass schließlich alle zur Disposition stehenden Mobilfunkfrequenzen in einem Verfahren vergeben werden - möglicherweise sogar im Paket mit der digitalen Dividende.
Doch hier steht eine Einigung von Seiten der Politik noch aus. Die Mobilfunkanbieter haben aber bereits ihre Finger nach den Frequenzen ausgestreckt. Ihr Argument lautet, mit den Frequenzen im noch niedrigeren Bereich von 790 bis 862 Megahertz ließen sich einfach Breitbandverbindungen in dünn besiedelten Gebieten anbieten und so die "weißen Flecken" auf der DSL-Landkarte tilgen. Auch die Bundesregierung sprach sich zuletzt auf dem IT-Gipfel für eine Ausschüttung der digitalen Dividende an die Telekomunternehmen aus. Die Länder stellen sich dagegen auf die Seite der Rundfunkanstalten, die sich gegen den Vorschlag sperren. Bislang hat nur der Fernsehsender RTL eingelenkt.
"Wenn alles optimal läuft, einigen sich Bundeswirtschaftsministerium und Länder noch in diesem Jahr und der Bundesrat könnte dann im Januar zustimmen", hofft Bitkom-Experte Breul. Die dann verabschiedete Verordnung wäre aber erst die Rechtsgrundlage für die Vergabe freigewordener Frequenzen - mit der eigentlichen Vergabe rechnet der BITKOM erst Ende 2009. Interessant wird dann, an welche Bedingungen die Regulierungsbehörde die Vergabe knüpft. Der Chef der Bundesnetzagentur Matthias Kurth hatte bereits im Herbst gesagt, er könne sich vorstellen, die Vergaberegeln so zu drehen, dass ein Bieter erst einmal auf dem Land seinen Dienst starten muss, bevor er das auch in den Städten darf.