Internetnutzer auf dem Land zahlen mehr
Stand: 05.08.2016
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Heidelberg - Wer in einer Kleinstadt wohnt, muss beim Internet oft Abstriche machen: Für eine geringere Anbieterauswahl und langsamere Geschwindigkeiten zahlen Kunden in ländlichen Regionen oft sogar höhere Preise. Monatlich fallen dort bis zu 23 Prozent Aufschlag für dieselbe Leistung an, wie eine Auswertung des unabhängigen Verbraucherportals Verivox zeigt.
Anbieterdichte um bis zu 47 Prozent niedriger
Auffällig ist quer über alle Bundesländer: Die Anbieterauswahl ist in den kleinsten Städten eines Bundeslandes stets geringer als in den größten. Im Schnitt stehen in der größten Stadt 10,6 verschiedene Internetanbieter zur Auswahl, in der kleinsten Stadt nur 5,6. Das sind 47 Prozent weniger. Die größten Unterschiede gibt es in ostdeutschen Bundesländern: In Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen stehen in den kleinsten Städten jeweils 7 Anbieter weniger miteinander im Wettbewerb.
Regiozuschlag in schlechter ausgebauten Regionen
Großstadtbewohner profitieren häufig doppelt: von höheren Bandbreiten und niedrigeren Kosten. „Die Preisunterschiede zwischen Stadt und Land begründen die Anbieter mit Mehrkosten aufgrund der schlechteren Infrastruktur in ländlichen Regionen“, sagt Christian Schiele, Chief Product Officer Telecommunications bei Verivox. „Außerhalb von Großstädten stellt oft nur die Telekom DSL-Leitungen zur Verfügung. Ohne Wettbewerb auf der letzten Meile gibt es keinen Preiskampf in ländlichen Regionen.“
Einige Anbieter, die dann auf die Netze der Telekom zugreifen, legen die Nutzungsgebühren auf ihre Kunden um. Dieser sogenannte Regiozuschlag beträgt rund 5 Euro im Monat und wird zusätzlich zu den normalen Tarifkosten berechnet. Vodafone und 1&1 verfahren derart, der Anbieter O2 erhebt keinen Aufschlag. Auch beim Kabelinternet gibt es keinen Regiozuschlag.
Die Telekom hatte dagegen zuletzt eigene Regionalangebote aufgelegt, bei denen Preise speziell in ländlichen Regionen gesenkt und nicht erhöht wurden. Seit August ist man jedoch wieder zu den bundesweiten Preisen zurückgekehrt.
Mehrkosten von bis zu 60 Euro im Jahr
Das Kostengefälle zwischen Stadt und Land zeigt sich in vielen Regionen jedes Bundeslands (Stadtstaaten ausgenommen). So zahlen Verbraucher beispielsweise in Schnackenburg, der kleinsten Stadt Niedersachsens, bis zu 23 Prozent mehr für eine 16-Megabit-Leitung als in der Landeshauptstadt Hannover – 26,66 Euro im Monat im Vergleich zu 21,66 Euro (Preisbeispiel von Vodafone). Aufs Jahr gerechnet können so Mehrkosten von bis zu 60 Euro entstehen. Damit nicht genug: Für den 5 Euro teureren Preis, den Kleinstädter zahlen, erhalten Hannoveraner bei mehreren Anbietern einen Internetanschluss mit 50 Mbit/s und mehr – also ein Vielfaches der Leistung.
Einen ähnlich hohen Aufpreis zahlen Verbraucher auch im baden-württembergischen Langenburg: Dort werden bis zu 22 Prozent mehr für einen DSL-Tarif mit 16 Mbit/s fällig als für Bewohner der Landeshauptstadt Stuttgart (Preisbeispiel von 1&1).
Zur Methodik
In jedem deutschen Bundesland wurde zur Ermittlung der Anbieteranzahl jeweils die größte Stadt der kleinsten Stadt gegenübergestellt. Für jede Stadt wurden die vor Ort verfügbaren DSL-, Kabel- und Glasfaseranbieter mit einer Mindestgeschwindigkeit von 16 Megabit pro Sekunde ermittelt. Als Quelle dienten der Deutsche Breitbandatlas des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie eigene Daten von Verivox. Für die Ermittlung der Preisbeispiele in den Städten wurden zur allgemeinen Vergleichbarkeit die Tarifkosten der vier deutschlandweit verfügbaren DSL-Anbieter Deutsche Telekom, Vodafone, O2 und 1&1 herangezogen.