Internetkosten: Deutsche zahlen innerhalb der EU am meisten
Stand: 19.03.2025
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
In keinem anderen EU-Land ist stationäres Internet so teuer wie in Deutschland. Der deutsche Megabit-Preis ist fünfmal höher als der EU-Schnitt. Die aktuelle Marktanalyse des Vergleichsportals Verivox benennt die Unterschiede und Hintergründe.
Während Surfer in rund jedem zweiten EU-Land für ein Megabit rechnerisch nur wenige Cent bezahlen, fällt hierzulande pro Megabit ein Euro an – der mit Abstand höchste Wert innerhalb der Europäischen Union. Die aktuelle Marktanalyse des Vergleichsportals Verivox benennt die Unterschiede und Hintergründe.
1 Cent bis 1 Euro: Enorme Preisschere innerhalb der EU
Am günstigsten sind Internettarife laut Berechnungen des britischen Vergleichsportals Bestbroadbanddeals.co.uk mit einem Cent pro Megabit (Mbit) in Rumänien sowie mit drei Cent pro Megabit in Polen und der Slowakei. Unterhalb von 10 Cent liegen insgesamt 13 Länder, darunter Italien, Frankreich, Spanien und Portugal. Der EU-Durchschnittswert beträgt 18 Cent je Mbit. Die nach Deutschland (1 Euro/Mbit) teuersten Länder Österreich und Belgien haben einen immer noch vergleichsweise niedrigen Megabit-Preis von 35 Cent. Für den Preisvergleich wurden bis zu 40 Tarife eines Landes heruntergerechnet auf den mittleren Preis für ein Mbit.
"Entscheidend ist die Geschwindigkeit, mit der die Daten übertragen werden – also der Preis pro Mbit", sagt Jörg Schamberg, Telekommunikationsexperte bei Verivox. "In Deutschland werden langsamere Tarife immer noch häufig gebucht – die nur selten ein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis bieten."
Der durchschnittliche Mbit-Preis in Deutschland ist auch unter Berücksichtigung der hiesigen Kaufkraft hoch. Zwar hat Deutschland laut Eurostat eine überdurchschnittlich hohe Kaufkraft (Platz acht im EU-27-Ranking) und ist etwa doppelt so stark wie Bulgarien, Griechenland oder Lettland. Hingegen liegen die Kaufkraft-Werte von Österreich und Belgien sogar über denen Deutschlands, der Mbit-Preis beider Länder beträgt jedoch nur rund ein Drittel des deutschen.
Hintergründe: Statischer Markt und strukturelle Versäumnisse
"Dass die deutschen Anbieter im Schnitt die höchsten Megabit-Preise in der EU verlangen, liegt in erster Linie an der aus Verbrauchersicht unzureichenden Wettbewerbssituation", sagt Schamberg. "Obwohl der deutsche Markt seit 1998 liberalisiert ist, hängen auch heute noch viele Wettbewerber am Tropf der Deutschen Telekom: Sie kaufen deren Vorleistungsprodukte zu festgelegten Preisen ein. Diese Vormachtstellung des Ex-Monopolisten ist ein wesentlicher Grund für das viel zu lange Festhalten an der veralteten DSL-Technik. Deutschland ist nicht nur hochpreisig unterwegs, sondern droht auch beim zukunftsweisenden Umstieg von Kupfer- auf Glasfaserleitungen den Anschluss zu verpassen: Ein Abschalttermin für DSL ist nicht vor den 2030er-Jahren zu erwarten – viel zu spät."
Andere Länder sind beim Umstieg auf Glasfaser deutlich weiter – so verzeichnen etwa Portugal und Schweden praktisch eine Glasfaser-Vollversorgung. Deutschland tut sich schwer: Der hiesige Glasfasermarkt ist zersplittert, Verbraucherinnen und Verbraucher sind zunehmend verunsichert. "Die Glasfaser hat ein Imageproblem in Deutschland", sagt Schamberg. "Die neue Bundesregierung sollte hier dringend gegensteuern, auch mit Kampagnen der öffentlichen Hand. Viele Menschen sehen mehr Hürden als Chancen beim Umstieg auf Glasfaser – das kann sich Deutschland, vor allem im Hinblick auf datenintensive KI-Anwendungen, nicht länger leisten."
Preis-Leistungs-Vergleich zeigt: Glasfaser liegt vorne
Vergleicht man den Preis je Mbit technikübergreifend auf Basis des deutschen Tarifangebots, so ergibt sich ein durchaus überraschendes Bild: Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bieten Glasfasertarife. Im Schnitt ist Glasfaser in Relation zur gebotenen Leistung um 47 Prozent günstiger als DSL. Die Tarife sind zumeist deutlich besser ausgestattet und erheblich schneller. "Glasfaser bietet also die günstigste Gesamtleistung – das ist vielen Verbrauchern nicht bewusst", sagt Schamberg. "Manche Glasfasertarife sind in den ersten 24 Monaten sogar günstiger als oft langsamere DSL-Angebote. Ein Preisvergleich zeigt: Je nach Verfügbarkeit der verschiedenen Techniken können Internetkunden oft über 200 Euro im Jahr sparen, wenn sie ihren Tarif wechseln."
Methodik
Die verwendeten Daten basieren auf einer Auswertung des britischen Portals Bestbroadbanddeals.co.uk (zuvor firmierend unter Cable.co.uk) für stationäres Festnetzinternet. Stand der Daten: September-Oktober 2023. In die Auswertung für Deutschland flossen insgesamt 37 Internettarife ein, berücksichtigt sind Tarife aller verfügbaren Bandbreiten. Zur Ermittlung der Kosten pro Megabit wurden die Tarifpreise durch die angebotene Geschwindigkeit in Megabit pro Sekunde geteilt. Der durchschnittliche Megabit-Preis ergibt sich aus dem Median sämtlicher Tarife, einschließlich aller monatlichen Kosten. Eine Gewichtung nach Kaufkraft ist nicht enthalten. Für Zypern wurden keine Daten ermittelt.
Ein Megabit (Mbit) ist die Einheit, in der die Geschwindigkeit von Internetverbindungen – also die Datenübertragungsrate pro Sekunde – beschrieben wird. Die übliche vermarktete Mindestgeschwindigkeit beträgt 16 Megabit pro Sekunde. Die schnellsten und größten für Privatkunden vertriebenen Bandbreiten liegen bei 5.000 Mbit/s.
Die Daten zum Preis-Leistungs-Verhältnis von DSL und Glasfaser stammen aus einer Verivox-Auswertung von November 2024. Danach ist Glasfaser, heruntergerechnet auf ein Megabit, 47 Prozent günstiger als DSL. Zwar ist der durchschnittliche Monatspreis eines DSL-Tarifs im Schnitt niedriger, doch die enthaltene Bandbreite ist in Glasfasertarifen über alle Tarife hinweg deutlich höher. Der Vergleich berücksichtigt sämtliche im Online-Vergleich von Verivox gelisteten Internet-Anbieter. Diese decken über 90 Prozent des Marktes ab.