Internet-Wacht nimmt Arbeit auf
Stand: 01.04.2011
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd
Bonn - Deutschland rüstet im Cyber-Abwehrkrieg auf: Wegen der starken Zunahme der Angriffe auf Computernetze wurde eigens ein "Nationales Cyber-Abwehrzentrum" ins Leben gerufen. Am heutigen Freitag nahm die Internet-Wacht ihre Arbeit auf.
Gestartet ist das Zentrum mit zunächst nur zehn Spezialisten: Sechs Mitarbeiter aus dem Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), das die Federführung über das Zentrum hat, und jeweils zwei aus dem Verfassungsschutz und dem ebenfalls in Bonn schon länger arbeitenden Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. Später sollen andere Behörden wie etwa das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei und der Bundesnachrichtendienst Vertreter ins Abwehrzentrum entsenden.
Die Experten sollen bei einem Cyber-Angriff schnell ein Lagebild erstellen und den Behörden sowie Unternehmen empfehlen, wie sie reagieren sollen. Schließlich gehört der Schutz kritischer Informationsinfrastrukturen zu den "existenziellen Frage des 21. Jahrhunderts", wie vom Bundesinnenministerium betont wird. Deswegen sei auf diesem Gebiet ein "hohes Engagement des Staates erforderlich".
Angriffe auf ganz bestimmte Industrieanlagen
In einem Papier des Ministeriums wurde darauf hingewiesen, dass der im vergangenen Jahr plötzlich aufgetretene rätselhafte Computerwurm Stuxnet gezeigt habe, dass "die kurzfristige Erkenntnisgewinnung der Sicherheitsbehörden deutlich verbesserungsbedürftig ist". Der neue Supervirus hat nach Aussage der Experten auch in Deutschland "gezielte Angriffe auf ganz bestimmte Industrieanlagen und Infrastrukturen" gestartet. Stuxnet sei in der Lage, die Kontrolle über ganze Fabriken und Kraftwerke zu übernehmen, heißt es.
Der mysteriöse Trojaner, über dessen "Erfinder" nach wie vor gerätselt wird, hatte zum Beispiel im letzten Jahr Zehntausende Rechner im Iran befallen. Die Regierung in Teheran sprach von einem Cyber-Angriff, der im ganzen Land rund 30.000 Computer heimgesucht habe. Damals sollen auch Rechner des iranischen Atomkraftwerkes Buschehr befallen worden sein.
Es haben sich aber nach Angaben von Computerfachleuten keine Beweise ergeben, dass diese Cyber-Attacken möglicherweise von westlichen Geheimdiensten gestartet wurden. Allerdings befürchtet der Westen seit langem, dass der Iran dabei ist, eine Atombombe zu bauen. Das soll mit verschiedenen Mitteln verhindert werden.
Cyber-Attacken hauptsächlich aus China
Für Deutschland sind die Attacken von chinesischen Trojanern gerade im Bereich der Wirtschaftsspionage ein großes Problem, erklärten Geheimdienstler der dapd in Berlin. Die Bundesrepublik sei "ein begehrtes Aufklärungsziel der chinesischen Wirtschaftsspionage", heißt es. Auch 2010 sei die Mehrheit der Computer-Angriffe auf deutsche Behörden und Wirtschaftsunternehmen wieder aus China gekommen.
Abwehrexperten begründen dies damit, dass China im Vergleich zu Deutschland starken Nachholbedarf bei seiner aufblühenden Wirtschaftskraft habe. Die chinesische Regierung bestreitet aber stets, mit solchen Hackerangriffen etwas zu tun zu haben.
Industrie begrüßt Cyber-Abwehr
Aus dem Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) war ein "sehr positives Urteil" zur neuen Strategie der deutschen Behörden zur Abwehr der ständig zunehmenden Cyber-Attacken zu hören. Gerade durch einen engeren Informationsaustausch zwischen Staat und Wirtschaft könnten die Gefahren frühzeitiger erkannt und effizienter bekämpft werden. Die Bundesregierung leiste mit ihrer Cyber-Sicherheitsstrategie "und deren noch aktiveren Umsetzung einen signifikanten Beitrag für einen sicheren Cyber-Raum".