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Internet und Auto: Multimedia auf vier Rädern

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa/tmn

Hamburg - Mehr oder weniger freiwillig verbringen viele Menschen unzählige Stunden im Auto. Die Zeit, in der man von A nach B fährt, im Stau steht oder vor Ampeln wartet, ist im Grunde vertan. Wäre es nicht praktisch, vom Autositz aus E-Mails zu checken, Kontake aus sozialen Netzwerken zu pflegen oder aktuelle Routentipps abzurufen? Dies ist der Grundgedanke einer Entwicklung, bei der das Auto zur vernetzten Multimedia-Plattform aufgerüstet wird.

Längst ist es nicht mehr damit getan, aufkommende Langeweile mit einem CD-Radio zu befriedigen. Bei Neuwagen ist es fast schon Standard, dass sie eine Schnittstelle zum Anstöpseln von iPods haben oder mit Slots ausgerüstet sind, in die sich mit MP3-Dateien vollgepackte Speicherkarten schieben lassen. So können Autofahrer auf ihr gesamtes Musikarchiv zugreifen und es über das Audiosystem abspielen.

Autos mit Internet-Diensten und -Inhalten vernetzen

Freisprecheinrichtungen ermöglichen das Telefonieren während der Fahrt. Auch hier ist der Zugriff auf persönliche Daten wie das Handy-Telefonbuch möglich. Und als Extra für die Warterei im Stau gibt es TV-Tuner, die Programme auf dem Navi-Display wiedergeben. Aber Hersteller und Zulieferer wollen noch mehr Multimedia ins Auto bringen: Sie wollen es mit Internet-Diensten und -Inhalten vernetzen.

Das Auto ist in der vernetzten Welt "der einzige weiße Fleck"

Man müsse bedenken, dass das Auto in der vernetzten Welt "der einzige weiße Fleck" ist, sagt Horst Leonberger, der für die Deutsche Telekom am vernetzten Fahrzeug arbeitet. Ziel sei es, wie mit dem Smartphone oder PC in Zukunft auch im Auto E-Mails senden und empfangen zu können, Online-Dienste zu nutzen und sich mit sozialen Netzwerken zu verknüpfen. "Es gibt in unserer digitalen Welt die ganz eindeutige Tendenz, persönliche Daten und Dokumente immer bei sich zu haben und von überall darauf zugreifen zu wollen", erläutert Leonberger. Die Idee sei daher, die Daten in einer immer verfügbaren "Cloud" bereitzustellen, aus der sie von überall her abrufbar sind.

Das Auto als "multiple Geräteplattform"

Der Analyst Thilo Koslowski vom Technologie-Beratungsunternehmen Gartner ist davon überzeugt, dass die Differenzierung der Fahrzeuge in Zukunft immer mehr darüber erfolgt, "was Nutzer während der Fahrt tun können und wie das Automobil datentechnisch an die Außenwelt angebunden wird". Er geht davon aus, dass sich das Auto daher zu einer "multiplen Geräteplattform" entwickeln wird.

Neue Arten der Fahrzeug-Vernetzung

Auch Norbert Wittemann, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens PRTM, sieht einen klaren Trend in diese Richtung: "Telekommunikation wird immer bedeutender - Funktionen wie Internetkommunikation sind dabei nur ein Aspekt. Auch Fernwartung und Diagnose, bargeldlose Bezahlfunktionen und Reservierungssysteme, etwa für Parkplätze oder in der Zukunft für Ladestationen bei der Nutzung von Elektrofahrzeugen, stellen weitere Anwendungen dar." Die Infrastruktur werde immer besser und ermögliche neue Arten der Fahrzeug-Vernetzung, "die über das bisherige Infotainment weit hinausgeht", so Wittemann.

Hersteller rüsten auf

Einige Hersteller rüsten einzelne Modelle bereits entsprechend aus. Audi zum Beispiel bietet für den A8 und A7 einen WLAN-Hotspot an, mit dem auch unterwegs uneingeschränkter Internetzugriff möglich ist. "Das ist ein Angebot, das sich an Beifahrer und Fondpassagiere richtet", erläutert Audi-Sprecher Josef Schloßmacher. "Wir wollen den Fahrer nicht dazu animieren, über sein Laptop während der Fahrt seine E-Mails abzurufen." Bis zu acht Geräte lassen sich an den Hotspot koppeln, der über UMTS die Verbindung zum Internet herstellt.

Vernetzung - das Thema der Zukunft

Während sich dieses Angebot eher an Geschäftskunden richtet, hat Audi auch für andere Käufergruppen Vernetzungsfeatures im Programm. Beim neuen Einstiegsmodell A1 etwa wird laut Schloßmacher das Navigationssystem mit dem Internet verbunden. So können für die Wegführung zum Beispiel Fotos von Google Earth verwendet und für eine detailliertere Umkreissuche die Suchfunktion von Google genutzt werden. Nach und nach will Audi solche Funktionen auch in anderen Baureihen anbieten. "Vernetzung ist ganz klar ein Thema, das in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen wird", so Schloßmacher.

Fahrzeugnahe Dienstleistungen

Branchenkenner Bernhard Ebel vom Beratungsunternehmen EbelHofer Consultants sieht das größte Geschäftspotenzial für Autohersteller in "fahrzeugnahen Dienstleistungen" wie der Navigation. Bei Anwendungen, die darüber hinausgehen, sieht er die Gefahr, "dass die Autohersteller nur die Schnittstelle liefern". Denn Verbraucher wollten keine Zweigleisigkeit und Multimediainhalte ihrer Smartphones nicht parallel auch noch auf einem Fahrzeugsystem pflegen. Sie erwarteten, im Auto direkt auf ihre Smartphone-Daten zugreifen zu können. In der benutzerfreundlichen und vom Design her ansprechenden Einbindung externer Endgeräte in die Fahrzeugsysteme sieht Ebel allerdings auch eine Chance für die Autohersteller.

Zielgruppe: Geschäftsreisende und Außendienstler

Eine treibende Kraft bei der Vernetzung sind sicherlich die Geschäftskunden. Für Privatpersonen mögen manche schicken neuen Multimedia-Features unterwegs ein netter Zeitvertreib sein. Für Außendienstler oder Geschäftsreisende verbessern sie die Effizienz erheblich. Und Effizienz sei "ein entscheidender Faktor", erläutert Analyst Thilo Koslowski: "Wenn berufliche Vielfahrer vom Auto aus immer und überall auf Web-basierte Informationen zugreifen, die kostengünstigste Route auswählen und per Sprachfunktion zum Beispiel ihre E-Mails von unterwegs beantworten, lassen sich viele Prozesse beschleunigen. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Kosten."

Online-Dienste "autofahrergerecht" aufbereiten

Wichtig ist allerdings Horst Leonberger zufolge, aus Gründen der Verkehrssicherheit Online-Dienste "autofahrergerecht" aufzubereiten. Um den Fahrer nicht abzulenken, seien leicht zu bedienende Touchscreens oder Sprachsteuerungen nötig. Nicht ohne Grund ist unterwegs das Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung verboten.

Allerdings könnte Vernetzung auch die Verkehrssicherheit verbessern helfen. Audi-Sprecher Josef Schloßmacher nennt in diesem Zusammenhang die "Car-to-X-Kommunikation", an der Audi und andere Hersteller forschen. Darunter ist nicht nur die Vernetzung von Fahrzeugen mit statischen Internetservern, sondern auch der Datenaustausch von Fahrzeugen untereinander gemeint. Das Auto fungiert dabei laut Schloßmacher gewissermaßen als "mobiler Server", der Informationen zum Beispiel über das aktuelle Verkehrsgeschehen und die gegenwärtige Witterung empfängt, nutzt und an andere sendet.

Hersteller auf einheitlichen Standard geeinigt

Dadurch wären nicht nur Ad-hoc-Verkehrsinformationen möglich. In Gefahrensituationen ließen sich auch Fahrzeuge im Umkreis warnen. Damit nicht nur Modelle einer Marke untereinander Daten austauschen können, haben sich die Hersteller auf einen einheitlichen Standard geeinigt. Einziger Wermutstropfen: Die Car-to-X-Kommunikation funktioniert nur bei neuen Modellen, die ab Werk dafür vorbereitet sind, so Schloßmacher. Das Nachrüsten älterer Autos sei nicht möglich, weil dafür zu große Eingriffe in die Elektronik nötig wären.