Höhere Inlandskosten wegen Abschaffung von Roaming-Gebühren?
Stand: 08.12.2015
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Bonn - Innerhalb der EU sollen Roaming-Gebühren für Handy-Gespräche verboten werden. Experten der Monopolkommission befürchten, dass dies zu höheren Preisen führt. Sie beurteile die laut EU-Vorgabe bis Juni 2017 vollendete Abschaffung der Gebühren "nicht uneingeschränkt positiv", hieß es in dem am Montag in Bonn vorgestellten Sondergutachten des Beratergremiums von Bundesregierung und Bundestag zu Wettbewerb und staatlichen Eingriffen im Telekom-Markt.
Auch wenn die Regulierung der Gebühren für Verbindungen ins Ausland zum Schutz der Verbraucher vor überhöhten Preisen aus ihrer Sicht generell begrüßenswert sei, sehe sie deren Abschaffung kritisch, teilte die Kommission mit. "Bei einer Absenkung der Gebühren auf Null können die durch das Roaming entstandenen Kosten nicht mehr gedeckt werden, wodurch unerwünschte Auswirkungen auf die Inlandspreise auftreten könnten."
Abschaffung in Stufen bis Juni 2017
Das EU-Parlament hatte im Oktober abschließend den Weg zur Abschaffung der Roaming-Gebühren freigemacht. Die Anbieter dürfen ab Juni 2017 innerhalb der EU keine Aufschläge mehr für Telefonate, SMS oder Datenpakete außerhalb des Heimnetzes ihrer Kunden verlangen. Als letzter Zwischenschritt vor der kompletten Abschaffung werden die Roaming-Gebühren ab 30. April 2016 zunächst auf Höchstwerte gedeckelt und damit gesenkt.
Monopolkommission beobachtet den Markt
Die aus fünf Wissenschaftlern und Wirtschaftsvertretern zusammengesetzte Monopolkommission hat die Aufgabe, die Bundesregierung und Abgeordnete bei Fachfragen unabhängig zu den Themen Wettbewerbsrecht und Regulierung zu beraten. Die wesentlichen Entscheidungen dazu fallen inzwischen häufig auf EU-Ebene, nicht mehr in den einzelnen Staaten. Dabei veröffentlicht sie ihre Gutachten entweder im Auftrag oder aus eigenem Antrieb.
Experten finden "Spezialdienste" gut
Unterstützung von der Monopolkommission erhielt die EU dagegen für ihre umstrittenen Pläne zur Netzneutralität. EU-Parlament, EU-Kommission und EU-Rat hatten sich auf eine neue Verordnung verständigt, wonach der Grundsatz der Gleichbehandlung sämtlicher Datenströme im Internet zwar prinzipiell erhalten bleibt, zugleich aber künftig Ausnahmen für "Spezialdienste" gestattet werden sollen. Kritiker befürchten, dass dies den Netzbetreibern die Möglichkeit eröffnet, für bestimmte Dienstleistungen "Überholspuren" einzurichten, die gegen Aufpreis etwa besonders schnelle oder stabile Verbindungen erlauben.
Furcht um Gewinne der Unternehmen
Die Monopolkommission verwies auf das Problem, unter den aktuellen Wettbewerbsbedingungen Investitionen in immer leistungsfähigere Datennetzwerke sichern zu müssen. "Mit Blick auf die sich verändernde Wertschöpfung auf den Telekommunikationsmärkten stellt sich die Frage, ob die klassischen Telekommunikationsunternehmen auch zukünftig noch über ausreichend Anreize verfügen, in den Ausbau von Infrastrukturen zu investieren."