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Handy aus! Wie die digitale Welt die Umgangsformen verändert

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox | dpa

New York/Berlin (dpa/tmn) - Handytelefonate in der U-Bahn, Anmachversuche in Online-Flirt-Communitys und Schlussmachen per SMS: Die digitale Welt hat jede Menge neue Kommunikationsphänomene hervor gebracht. Aber was gern als cool und trendy gefeiert wird, hat auch eine Kehrseite: Im digitalen Umgang miteinander bleiben Stil und Etikette oft auf der Strecke. Und manche Regeln ändern sich so schnell, dass viele nicht mehr hinterher kommen.

Das musste auch Adriano Sack feststellen. Private Erlebnisse in seiner neuen Heimat brachten dem Wahl-New Yorker viele neue Eindrücke über das Miteinander in der digitalen Welt, die er in dem Buch "Manieren 2.0" zusammengefasst hat. In New York gefährden Handys zum Beispiel längst nicht mehr nur telefonierende Autofahrer. "Der Bürgermeister wollte Handys für Fußgänger verbieten, weil sich zu viele Menschen lieber auf das Gespräch anstatt auf den Straßenverkehr konzentrieren", erzählt Sack. Außerdem erinnert er sich an einen Medienprofessor, der während des gemeinsamen Lunchs mit dem Autor elfmal an sein Telefon ging.

Freiherr von Knigge würde sich wohl im Grab umdrehen. "Früher galten Menschen als cool und wichtig, die immer erreichbar waren", sagt der Stiltrainer Jan Schaumann aus Berlin. Er hat einen Imagewechsel der permanenten Erreichbarkeit ausgemacht: "Heute ist man interessant, wenn man es sich leistet, das Handy auch mal abzustellen." Gerade während einer Verabredung gehört es für Schaumann zum guten Ton, die Off-Taste zu drücken und sich ganz auf den Gesprächspartner zu konzentrieren. "Alles andere ist respektlos."

Glaubt man Adriano Sack, hat die junge Handy- und Internetgeneration durch den frühzeitigen Gebrauch der digitalen Technik Fundamentales verlernt. So sei es eine fast schon vergessene Kunst, mit der Hand zu schreiben. "Ein Kind aus normalem Haus lernt heute, eine Maus zu bedienen, bevor es mit der Hand schreiben kann." Und so sehen nach Einschätzung von Jan Schaumann dann oft auch die Inhalte der E-Mails und Kurznachrichten aus. Dabei gelten in der neuen Welt noch viele alte Regeln.

"Private und geschäftliche E-Mails sollten ordentlich geschrieben sein. Der Verfasser sollte die Regeln von Orthografie und Grammatik beachten", findet Schaumann. Den permanenten Ausdruck der Gemütslage über Smileys und Textvorlagen findet er "katastrophal". An anderer Stelle haben die neuen Kommunikationsmöglichkeiten auch neue Verhaltensregeln hervorgebracht. Ein Brief lässt sich nicht von einem Moment auf den anderen beantworten - E-Mails und SMS haben die Wartezeit verkürzt. "Natürlich bekommen viele Leute jede Menge Nachrichten pro Tag. Trotzdem sollte so schnell wie möglich geantwortet werden."

Dabei lässt Schaumann eine Zeitspanne zwischen 24 und 48 Stunden gelten - eine schnellere Antwort fällt seiner Einschätzung nach positiv auf. Noch wichtiger ist allerdings der Inhalt der Antwort. Adriano Sack hat dazu ein paar Regeln aufgestellt: "Schreibe nichts in eine E- Mail, was justiziabel, beleidigend oder für dich selbst peinlich ist." Denn, so der Autor, E-Mails seien wie abgehalfterte Popsängerinnen: "Sie landen immer in den falschen Händen." Besonders am Arbeitsplatz, wo viele Informationen in hohem Tempo an viele Empfänger gehen, könne schnell etwas schief gehen.

Das Beantworten privater Mails während der Arbeitszeit könnte daher nicht nur den Chef auf die Palme bringen - es ist den Experten zufolge auch stilistisch daneben. "Das ist ein absolutes No-Go", sagt der Kommunikations-Coach Rudi Rhode aus Wuppertal. "Man wird im Job schließlich nicht für die private Kommunikation bezahlt." Auch das Privathandy ist im Büro tabu, findet Rhode. "Sollte es doch klingeln, ist es besser, den Anruf wegzudrücken oder das Gespräch mit einem Hinweis auf die Arbeit schnellstens zu beenden." Eine Ausnahme seien zum Beispiel Anrufe der eigenen Kinder: "Da kann ja immer mal was sein."

Praktisch kann in Grenzfällen die schnell getippte Nachricht sein. Wenn es an die emotionale Substanz geht, sollte sie tabu sein: "Die Handygeneration setzt bei der Konfliktbewältigung aber immer öfter auf die beliebte SMS", hat Jan Schaumann beobachtet. Musste einst in ewig währ