Google greift mit neuem Betriebssystem Kerngeschäft von Microsoft an
Stand: 08.07.2009
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
New York - Das Internet-Unternehmen Google hat ein eigenes Computer-Betriebssystem angekündigt. Damit greift es das Kerngeschäft des Windows-Riesen Microsoft an. In einem Firmenblog in der Nacht zum Mittwoch teilte Google mit, dass erste Geräte damit in der zweiten Hälfte des Jahres 2010 auf den Markt kommen sollen. Google Chrome OS sei grundsätzlich für alle Geräte von Mini-Notebooks bis zu großen Desktop-Rechnern gedacht. Zunächst solle es jedoch auf den auch Netbooks genannten Mini-Notebooks zum Einsatz kommen. Im Mittelpunkt stehe das Internet, das schnell und sicher zugänglich sein soll.
Google geizte bei der Ankündigung nicht mit Versprechen. "Geschwindigkeit, Einfachheit und Sicherheit" sollen das Betriebssystem bestimmen, hieß es. Der Nutzer solle binnen weniger Sekunden nach Einschalten des Computers bereits im Internet surfen können. Google Chrome OS werde komplett neu entwickelt, damit "die Nutzer sich nicht um Viren, Schadsoftware und Sicherheits-Updates" kümmern müssen. "Es soll einfach laufen", gab Google als Devise aus. Das neue Betriebssystem sei für Menschen gedacht, die die meiste Zeit im Internet verbringen.
Mit Google Chrome OS (OS = Operating System) greift der Internet- Primus direkt das Herzstück des milliardenschweren Microsoft- Imperiums an. Windows ist seit langem das weltweit dominierende Computer-Betriebssystem mit einem Marktanteil immer noch in der Nähe von 90 Prozent, auch wenn zuletzt unter anderem Apple mit seinem Mac OS X etwas zulegen konnte.
Windows ist auch nach wie vor der wichtigste Gewinnbringer von Microsoft: Im vergangenen dritten Geschäftsquartal sorgte die entsprechende Sparte für ein Viertel des Umsatzes und mehr als die Hälfte des Gewinns. Und das, obwohl der PC-Markt in der Wirtschaftskrise schrumpft.
Google fügte Microsoft bereits zahlreiche Nadelstiche zu. Mit kostenlosen Web-basierten Büro-Anwendungen macht Google bereits den teuren Office-Paketen von Microsoft Konkurrenz. Der Browser Chrome hat Microsofts Internet Explorer im Visier, konnte bisher jedoch nur geringe Marktanteile gewinnen. Bei dem lukrativen Geschäft mit Online-Werbung im Umfeld der Internet-Suche liegt Microsoft bisher weit abgeschlagen hinter Google - auch wenn der Softwaregigant den Abstand mit seiner neuen Suchmaschine Bing ein wenig verringern konnte.
An der Börse hat in diesem Jahr Google bislang die Nase weit vorne: Die Papiere des Suchmaschinenanbieters stiegen seit Jahresanfang um 29 Prozent. Microsoft musste sich in diesem Zeitraum mit plus 16 Prozent zufriedengeben.
Technisch gesehen bestehe das Betriebssystem (Operating System - OS) aus dem Internet-Browser Google Chrome, der auf einem Linux-Kern laufe, erklärte Google. Linux ist ein freies Betriebssystem, das Microsoft bereits Kopfschmerzen bereitet hat.
Wie bei dem vor allem für kleine mobile Geräte wie Handys oder Netbooks gedachten Betriebssystem Android soll der Quellcode offen sein. Das heißt, er wäre für Software-Entwickler frei zugänglich. Google Chrome OS sei als Projekt unabhängig von dem zusammen mit zahlreichen Partnern aus der Mobilfunk-Branche entwickelten Android, betonte Google.
Für Google könnte der Einstieg ins Geschäft mit Betriebssystemen auch ein verschärftes Interesse von Wettbewerbshütern bedeuten. Bereits jetzt fragen sich einige Regulierer, ob Google mit der dominierenden Position im Online-Werbegeschäft nicht zu mächtig geworden ist. Microsoft drohte in den 90er Jahren wegen des faktischen Monopols bei Computer-Betriebssystemen sogar die Zerschlagung.