Fremdsprachen lernen im Web 2.0
Stand: 29.06.2011
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Augsburg - Sich im Ausland in der Landessprache verständigen zu können, ist ein tolles Gefühl. Der Weg dorthin ist aber oft steinig: Der althergebrachte Sprachkurs oder ein Lehrbuch machen nicht jedem Spaß. Neue Formen des Sprachenlernens im Web 2.0 versprechen nun mehr Anregung und Unterhaltung. Es gibt auch Online-Kurse, die auf das Niveau jedes Schülers individuell eingehen.
Der Lerncharakter eines Menschen lasse sich auf einer Matrix mit drei Bereichen abbilden, erklärt die Pädagogin Michaela Meier vom Projekt Bildung Institut in Augsburg. Die Unterschiede beginnen schon bei der Aufnahme von Informationen. "Danach kann auch die Verarbeitung ganz unterschiedlich sein. Bei manchen erfolgt dies sehr rational, bei anderen eher emotional." Schließlich werde der Lerncharakter eines Menschen in erheblichem Maße von seinen Kommunikations- und Mediennutzungsgewohnheiten beeinflusst.
Wie unterschiedlich Lernen funktioniert, zeigen die Fortschritte der drei Millionen Nutzer des Sprachlernportals Busuu. "Wir wollen diese Daten verwenden, um eine intelligente Lernplattform zu erzeugen, die auf den individuellen Lernprozess Rücksicht nimmt", sagt der Wiener Mitbegründer von Busuu, Bernhard Niesner. "Das ist für mich die große Herausforderung, bei der wir noch viel vorhaben."
"Smartphones kommen besonders dem schnellen Lernen von Fremdsprachen entgegen"
Bei Busuu - der Name leitet sich ab von einer vom Aussterben bedrohten Sprache aus Kamerun - kann man sich derzeit für neun Sprachen zu einem Online-Kurs anmelden: Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Italienisch, Deutsch, Russisch, Französisch, Polnisch und Türkisch. In diesem Jahr sollen weitere Sprachen wie Japanisch und Mandarin, die meistgesprochene Sprache in China, dazukommen. Für die schnelle Lektion zwischendurch hat Busuu auch Apps für mobile Geräte im Angebot. Ein Grundkurs ist kostenlos, die darauf aufbauenden vier Kursen kosten jeweils 2,99 Euro.
"Die Smartphones kommen besonders dem schnellen Lernen von Fremdsprachen entgegen", sagt Vicente Arioli, der sich beim Berliner Cornelsen-Verlag um die Entwicklung von Apps kümmert. "Die Lerneinheiten müssen in kleine Häppchen eingeteilt werden, damit man zwischendurch lernen kann, etwa in der U-Bahn." Will man konzentrierter und längere Zeit am Stück lernen, sei das Lernen am PC oder am Tablet-Computer sinnvoller. Für iPhone und iPad hat Cornelsen unter anderem Vokabeltrainer und Lernkrimis entwickelt.
Beim Busuu-Konkurrenten Babbel sagt Geschäftsführer Markus Witte: "Die Tablets sind für uns extrem interessant." Auf den Geräten ließe sich das Sprachenlernen mit spielerischen Elementen und sozialen Netzwerken verbinden. "Wir sind dabei, die ersten Experimente mit Facebook Games zu unternehmen", sagt Witte.
"Wir wollen nicht traditionelle Lernformen abschaffen, sondern Angebote schaffen für Leute, die sich sonst nicht zum Sprachenlernen überwinden könnten", erklärt der Babbel-Manager. Den durchschnittlichen Zeitaufwand, um den Anfängerkurs erfolgreich zu absolvieren, schätzt er auf zweieinhalb Monate, wenn man drei Mal in der Woche eine Viertelstunde lernt. "Danach kann man sich in der fremden Sprache über einfache Dinge verständigen." Babbel hat sechs Sprachen im Angebot: Englisch, Französisch, Italienisch, Spanisch, Portugiesisch und Schwedisch. Ein Monat lernen kostet ab 9,95 Euro. Wer sich für drei oder sechs Monate bindet, zahlt ab 6,65 beziehungweise ab 5,55 Euro monatlich.
Face-to-Face-Kommunikation bleibt wichtig
Digitale Lernmedien dürften kein Selbstzweck sein, mahnt Pädagogin Meier. Für das Lernen von Vokabeln seien interaktive Medien aber gut geeignet, grammatische Strukturen ließen sich mit Animationen und Filmen verständlich transportieren. Und für das Üben der eigentlichen Kommunikation in einer Fremdsprache könnten Spracherkennungsprogramme zum Einsatz kommen. "Hier hat aber auch weiter die Face-to-Face-Kommunikation einen besonderen Wert", betont Meier.
Busuu legt viel Wert auf die Community. "Unsere Nutzer korrigieren pro Tag 30.000 Texte untereinander", sagt Niesner. Allein eine pensionierte Lehrerin in Australien habe schon 50.000 Texte bearbeitet. "In der Community macht es Spaß, die eigenen Sprachkenntnisse online zu teilen."
Darauf setzt zum Beispiel auch die Online-Sprachlerngemeinschaft Livemocha, die nach eigenen Angaben mehr als 35 Sprachen anbietet. Neben kostenlosen Basiskursen gibt es für einige Sprachen Aufbaukurse, die im Jahresabo 149 US-Dollar (knapp 105 Euro) kosten.