Facebook soll Polizei neue Fahndungsmöglichkeiten eröffnen
Stand: 11.07.2012
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Hamburg - Heute sind Soziale Netzwerke nicht mehr aus dem Alltag wegzudenken. Nun wollen auch Polizeibehörden die Möglichkeiten von Facebook & Co. nutzen. Als erstes Bundesland hat Niedersachsen auf Netzwerk-Fahndungen gesetzt und damit positive Erfahrungen gemacht, so dass der Ansatz inzwischen fest etabliert ist. Andere Bundesländer sind dabei, dem Beispiel zu folgen. Doch ganz unproblematisch ist die Sache nicht: Datenschützer äußern Bedenken, die rechtliche Basis müsse erst noch eindeutig definiert werden.
"Hallo liebe Facebook-User, die Polizei Hannover bittet um eure Mithilfe bei der Suche nach einer seit letzter Woche vermissten Hannoveranerin", heißt es auf dem Facebook-Auftritt des niedersächsischen Landeskriminalamts. Über einen Link auf der Seite sind genauere Informationen erhältlich. Und die Botschaft sucht sich ihren Weg. "Geteilt", heißt es in den Kommentaren unter dem Aufruf.
Soziale Netzwerke punkten mit hoher Reichweite
Es ist diese schnelle Verbreitung von Such- und Fahndungsaufrufen, die das Interesse der Verantwortlichen in den Ländern geweckt hat. "Dieses Potenzial sollte der Staat nicht liegen lassen", sagt Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP), der als Vorsitzender der Justizministerkonferenz derzeit Wege auslotet, das neue Instrument auf rechtlich sichere Füße zu stellen. Dabei stellten sich "neue Fragen". Neben dem Thema Datenschutz gehe es auch um die Neufassung einschlägiger Verwaltungsvorschriften. Diese empfehlen bisher noch, "private Internetanbieter" bei Fahndungen "grundsätzlich" nicht einzuschalten.
Ein Blick auf die Statistik macht klar, warum die Nutzung von Facebook und anderen sozialen Netzwerken für die Polizei so attraktiv ist: Dreiviertel der Deutschen über 14 Jahre nutzen das Internet, das sind rund 53,2 Millionen Menschen. Zwei Drittel davon sind laut Studien des Hightech-Branchenverbands Bitkom in sozialen Netzwerken aktiv, vor allem unter jüngeren Menschen ist die Quote extrem hoch. Bei den 14- bis 29-Jährigen liegt sie bei rund 85 Prozent.
Während diese Altersgruppen zugleich kaum noch über klassische Medien wie Zeitungen und Radio zu erreichen sind, ist damit ein neuer, direkter Weg zur Verbreitung von Aufrufen der Polizei entstanden. "Daran kommt heute niemand vorbei", sagt Dirk Hallmann, Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums.
Datenschützer treten auf die Bremse
Aber ganz problemlos ist der Einstieg in die Facebook-Fahndung eben nicht, wie Niedersachsen schon bei seinem Pilotvorhaben erfuhr. Zwar überschritt die 2011 als Testlauf geschaltete Facebook-Seite der Polizei Hannover schon bald die beachtliche Marke von 100.000 Fans, aber datenschutzrechtliche Einwände erzwangen Änderungen. Ursprünglich veröffentlichten die Beamten ihre Aufrufe direkt auf Facebook. Diese Praxis aber stoppten niedersächsische Datenschützer.
Denn Facebook-Server stehen nicht in Deutschland, wie deren Sprecher Michael Knaps erläutert. Die Speicherung von Fahndungsdaten sei aber eine hoheitliche Aufgabe, die nicht in "datenschutzrechtlichen Drittstaaten" wie etwa den USA erfolgen dürfe. Seither veröffentlicht die Polizei dort nur noch allgemeine Aufrufe, genauere Informationen sind erst über einen Link indirekt erreichbar.
Die Datei mit den eigentlichen Fahndungsdaten liegt dabei auf einem Server der niedersächsischen Verwaltung im Inland. Zugleich zentralisierte die Polizei dort zugleich sämtliche Aufrufe auf der Facebook-Seite des Landeskriminalamts.
Für die niedersächsischen Datenschützer ist mit der Daten-Verlagerung ins Inland das Hauptproblem zwar beseitigt, ihren Widerstand gegen die neue Fahndungs-Methode aber setzen sie fort. Die Frage, wie vertrauenswürdig Facebook generell bei Themen wie Datenschutz und heimlicher Überwachung des Nutzerverhaltens sei, bleibe aktuell, sagt Sprecher Knaps. Auch Justizminister Hahn sieht noch viel Klärungsbedarf: "Wir haben deshalb die Gespräche mit Facebook aufgenommen und hoffen, bis zum Herbst eine Lösung gefunden zu haben."