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Europagericht prüft Klagen gegen Vorratsdatenspeicherung

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: AFP

Luxemburg - Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am Dienstag in Luxemburg über die Rechtmäßigkeit der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung verhandelt. Die Kläger vertraten die Ansicht, dass die anlasslose Speicherung der Verbindungsdaten von Telefon- und Internetnutzern gegen ihre Grundrechte verstößt. In Deutschland sprachen sich hingegen Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und die Unions-Innenminister für Mindestspeicherfristen bei den Telekommunikationsdaten aus.

Die EU-Richtlinie ist seit 2006 in Kraft und regelt, dass die Verbindungsdaten aller E-Mails, SMS, MMS und Telefongespräche durch die Anbieter mindestens sechs Monate lang gespeichert werden müssen, um sie zur Kriminalitätsbekämpfung nutzen zu können.

Die Luxemburger Richter fragten Vertreter der EU-Kommission, ob mit den Daten Persönlichkeitsprofile zu Gewohnheiten und dem sozialen Umfeld von Bürgern erstellt werden könnten und ob solche Eingriffe in deren Grundrechte gerechtfertigt seien. Zudem forderten sie Aufklärung darüber, ob Eingriffe "auf das absolut Notwendige" beschränkt würden.

Die klagende irische Organisation Digital Rights warf der EU vor, die Folgen der Richtlinie nicht ausreichend abgeschätzt zu haben. Es seien nicht genügend Tatsachen dafür vorgetragen worden, warum die Speicherung der Daten "nützlich" sein solle. Zudem sei der Zeitraum der Speicherpflicht von mindestens sechs Monaten "exzessiv". Rechtsanwalt Gerald Otto, Vertreter eines österreichischen Klägers, kritisierte, dass mit den Vorratsdaten Persönlichkeitsprofile erstellt werden könnten.

Der Vertreter des Landes Österreich wandte hingegen ein, dass 2012 56 Fälle maßgeblich mit Hilfe von Vorratsdaten aufgeklärt worden seien. Auch der Vertreter Irlands sagte, die Vorratsdaten spielten zur Verbrechensaufklärung eine wichtige Rolle. Es gebe 6000 bis 10.000 Anträge auf Datenabruf jährlich.

Die EU-Innenkommissarin Cecilia Malström will die Nutzung der gespeicherten Daten künftig nur noch zur Bekämpfung von Terrorismus und schweren Verbrechen zulassen. Nach derzeitigem EU-Recht können die Daten etwa auch zur "Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung" genutzt werden.

Das in einigen Monaten erwartete Urteil könnte noch weitergehende Änderungen der Richtlinie nach sich ziehen und ist auch für Deutschland von Bedeutung. Das Bundesverfassungsgericht hatte die Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht im März 2010 für verfassungswidrig erklärt. Auf eine Reform konnten sich die Koalitionspartner CDU und FDP bislang aber nicht einigen.

Die Innenminister von CDU und CSU erklärten nach einem Treffen in Nürnberg, Extremismus und Kriminalität könnten in einer globalisierten Welt nur durch adäquate Mittel bekämpft werden. Friedrich sagte der "Bild"-Zeitung vom Dienstag, zum Schutz der Bürger müssten die Verbindungsdaten eine Zeitlang gespeichert werden. "Dabei muss der Schutz vor unberechtigtem Zugriff in der Privatsphäre stets gewährleistet werden."

Hingegen bekräftigten die Liberalen ihr Nein zur anlasslosen Vorratsdatenspeicherung. Sie gehöre "in die Geschichtsbücher und nicht in die nationalen Gesetze", sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) der "Welt" vom Dienstag. Sie kündigte eine neue Initiative gegen die Richtlinie an.

Die SPD kritisierte die Uneinigkeit der schwarz-gelben Koalition. Wegen des Dauerstreits werde es nicht zu einer Initiative der Regierung kommen, erklärte Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann.  "Das ist schlicht beschämend."