EU-Telekommarkt bekommt neuen Rechtsrahmen
Stand: 29.04.2009
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Brüssel - Der Weg für die Verabschiedung des umstrittenen EU-Telekompakets ist Parlamentskreisen zufolge frei. Vertreter der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft und des Europaparlaments hätten sich auch im letzten Streitpunkt geeinigt, hieß es am Dienstag in Brüssel aus dem Europaparlament. Offensichtlich konnte sich Frankreich mit der von Nichtregierungsorganisationen scharf kritisierten Forderung nicht durchsetzen.
Paris hatte gefordert, Internet-Nutzern nach dreimaligem illegalen Downloaden den Zugang zum World Wide Web ohne Gerichtsbeschluss sperren zu dürfen.
Das Telekompaket soll eine neue Gesetzesgrundlage für den Telekomsektor schaffen. Es besteht aus mehreren Richtlinien. Darunter sind Bestimmungen zum Urheberrechtsschutz oder Vorgaben über die Verteilung freiwerdender Frequenzen, wenn der Rundfunk von analog auf digital umgestellt wird. Außerdem wird die bestehende Gruppe der nationalen Regulierer formal zu einer neuen europäischen Agentur umgebaut (Body of European Regulators for Electronic Communications/Berec).
Für Deutschland besonders wichtig ist ein neues Geschäftsmodell, das eine "Risikoteilung" zwischen den Ex-Monopolisten wie der Deutschen Telekom oder der spanischen Telefónica und kleineren Anbietern ermöglicht. Großinvestoren sollen so ihre Konkurrenten über langfristige Verträge oder Mindestabnahmemengen am Risiko beteiligen können. Diese können von günstigeren Konditionen profitieren. EU-Experten betonen, dass es bislang in der Branche, aber auch seitens der EU-Kommission Unsicherheiten gegeben habe, ob diese Risikoteilung wettbewerbsrechtlich möglich ist.
Das Telekompaket erlaubt dies nun explizit, schreibt aber vor, dass die Deutsche Telekom nach Investitionen in teure Glasfasernetze andere Diensteanbieter nicht von der Nutzung ausschließen oder benachteiligen darf. "Wer Geld in die Hand nimmt, soll davon profitieren dürfen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass neue Märkte zementiert werden sollen", sagte die Vorsitzende des zuständigen Industrieausschusses des Europaparlaments, Angelika Niebler (CSU).
Am Dienstagabend hatten sich Vertreter der tschechischen EU- Ratspräsidentschaft und des Europaparlaments in einem letzten Streitpunkt geeinigt. Dem Kompromiss zufolge dürfen die Rechte von Internetnutzern nur in Ausnahmefällen beschnitten werden. Die Meinungs- und Informationsfreiheit schütze grundsätzlich auch Internetnutzer, die illegal Inhalte auf ihre Festplatte laden, sagten Diplomaten. Maßnahmen müssten durch ein unabhängiges Tribunal angeordnet werden.