Diskussion um Internet-Ethik: Staat solle Grenzen setzen
Stand: 08.05.2012
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Leipzig - Bei einer Diskussion auf dem Medientreff Mitteldeutschland in Leipzig haben sich am Montag Experten für staatliche Eingriffe ausgesprochen, da der Wunsch nach grenzenloser Freiheit im Internet ethische Fragen aufwerfe. "Das Internet kann und darf kein rechtsfreier Raum sein. Im Internet spielen sich Dinge ab, die mit ethischen Grundwerten nichts zu tun haben", erklärte der sächsische Landesbischof Jochen Bohl. Der Staat müsse Grenzen setzen, ohne ethische Werte werde das nicht gehen, meint der evangelische Kirchenmann.
Hans Müller-Jahns, Redaktionsleiter des MDR-Magazins "Brisant", erinnerte daran, dass Videos und Bilder im Internet "um die Welt rasen". Dort denke niemand darüber nach, ob dieses Material für Zuschauer geeignet sei oder nicht. Als Beispiel für die ethisch fragwürdige Bilderflut wurden Nahaufnahmen toter Menschen genannt. Moderator Peter Limbourg (ProSiebenSat.1) sieht mit den Fernsehplänen von Internetanbietern wie Google eine ganz neue Dimension des Problems auftauchen. Da seien "ein paar Jungs zugange", die keine Regeln kennen und denen eine Debatte um Ethik egal sei, betonte er.
"Emotionalisierung und Skandalisierung"
Die Diskussionsrunde unter dem Motto "Schlagzeilen ohne Atempause - Ethik und Medien" war Teil der Eröffnungsrunde im Medientreff. Günther von Lojewski, früher unter anderem Intendant des Senders Freies Berlin (SFB), beklagte eine zunehmende "Emotionalisierung und Skandalisierung" im deutschen Journalismus. Die Konkurrenz zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Privaten habe diese Entwicklung beschleunigt.
Kritik an "Skript Reality"
Landesbischof Bohl nahm unter ethischem Blickwinkel auch Sendungen wie "Die Super Nanny" aufs Korn. Da sei häufig die Grenze überschritten worden. "Es gibt Formate, wo Menschen vorgeführt werden, um die Quote zu steigern." Albrecht Steinhäuser von der Medienanstalt Sachsen-Anhalt berichtete über besorgte Rückmeldungen von Richtern, die wachsende Disziplinlosigkeit auf den Zuschauerplätzen im Gerichtssaal monierten. Grund: Viele Leute würden die TV-Gerichtssendungen für echt halten und ihr Verhalten dem der Zuschauer dort anpassen.
Veranstaltungsreihe mit über 1000 Teilnehmern
Der Medientreffpunkt Mitteldeutschland rückt noch bis diesen Mittwoch Veränderungen in der Branche in den Blickpunkt. Unter dem Motto "Medien in Bewegung - Vielfalt, Mobilität, Strukturen" werden etwa 40 Veranstaltungen geboten. Nach Veranstalterangaben haben sich mehr als 1000 Teilnehmer zu dem Branchentreff angemeldet.
Traditionell steht auch der Nachwuchs im Fokus des Branchentreffs.
Der Medientreffpunkt wird von einem Verein organisiert, dem unter anderem die drei mitteldeutschen Landesmedienanstalten, der Freistaat Sachsen und der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) angehören.