"Digitale Identität" - Der erste Eindruck zählt
Stand: 14.09.2010
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Düsseldorf - Ein "virtuelles Ich" hat dank Facebook, Blogs und Internet-Suchmaschinen mittlerweile fast jeder, der sich im Netz bewegt. Für Job-Anwärter oder Selbstständige ist die digitale Identität häufig besonders wichtig. Sie sind darauf angewiesen, auch im Internet als seriös wahrgenommen zu werden, beispielsweise von Personalern oder potentiellen Kunden. Der erste Eindruck entscheidet dabei oft. Nicht wirklich vorteilhaft sind amateurhafte Internetauftritte oder allzu viel Privates.
Um seriös zu wirken, sollten Anwender im Internet grundsätzlich mit ihrem richtigen Namen auftreten, sagt Mike Schnoor vom Videoportal sevenload.com. Glaubwürdig und ernstzunehmen seien etwa Profile, Rezensionen und Produktbewertungen anderer Nutzer nur, wenn sich der Autor nicht hinter einem Pseudonym verstecke. Wer dagegen die eigene Identität preisgibt, hat einen Vertrauensvorsprung: Die Online-Bewertung eines Koch-Sets der Userin "Maria Musterfrau, Köchin" sei verlässlicher als von "Prinzessin123", erläutert Schnoor, der auch Mitglied der Fachgruppe Social Media im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) in Düsseldorf ist.
Auch die E-Mail-Adresse sollte nicht unbedingt [email protected] lauten, rät Miriam Köp vom Softwarehersteller Microsoft in München. Klar erkennbare Namen sowie gängige Provideradressen wie @hotmail.de oder @web.de seien aber aus formaler Sicht seriös genug auch für eine Online-Bewerbung. "Personalabteilungen werden häufig mit diversen E-Mail-Adressen konfrontiert und kennen die großen Anbieter dahinter", sagt die Sprecherin für den Bereich Consumer und Online.
Eine Garantie, dass eine Mail nicht im Spam-Ordner landet, gibt es allerdings nicht - dazu tragen auch Werbezeilen unter der E-Mail bei. Provider versuchen damit Köp zufolge, auf neue Funktionen und Services hinzuweisen. Vor dem Mailversand lassen sich die Spruchbänder aber nicht abschalten - erst danach sieht man, was angehängt wurde.
Wer eine Internetpräsenz aufbaut, sollte gut überlegen, ob er sie individuell gestaltet oder auf vorgefertigte Lösungen wie Blogsysteme oder Homepage-Baukästen zurückgreift. Diese sind zwar einfach und schnell eingerichtet, wirken aber nur bedingt seriös. "So zeigen Nutzer nur, dass sie das Allernotwendigste bedienen können", sagt Christian Daul, Mitglied im Berliner Art Directors Club (ADC), und Geschäftsführer der Digital-Agentur Scholz & Volkmer in Wiesbaden.
Grundsätzlich sollte der Betreiber seinen Blog als digitale Bewerbungsmappe betrachten, rät Schnoor - schließlich kann dieser jederzeit im Netz aufgerufen werden und enthält persönliche Informationen. Zu viel Privates ist aber wenig seriös: Wer nur Bilder von Cocktail-Partys auf seinem Blog zeigt, werde wenig Eindruck schinden, warnt Schnoor. Auch, wer sich geschäftlich im Netz präsentieren möchte, sollte dies einigermaßen professionell bewerkstelligen, ergänzt Daul. Kontaktformular und Impressum dürfen zudem bei keiner Seite fehlen.
Ganz verzichten sollten Selbstständige aber auf Werbung. "Die Banner sind meist Fremdkörper auf der Seite, passen nicht zum Design und stören die Gestaltung", erklärt Sebastian Veit, Inhaber der Kreativ-Agentur Farbwechsel in Heidelberg. Auch von einem Intro rät der Kommunikationsdesigner ab, da es den Seitenaufruf unnötig verzögert. Besser sei, den Aufbau der Seite klar zu strukturieren, die Navigation simpel und farblich unterschiedlich zu gestalten sowie klare Rubriken zu schaffen. Unprofessionell und wenig seriös sei dagegen, zu viele interaktive Flash-Elemente zu integrieren. Das störe den Lesefluss ebenso wie viele blinkende Animationen.
"Mut zu Farben", rät Sebastian Veit. Denn gerade für Selbstständige gelte es, optisch in Erinnerung zu bleiben. Nur in seltenen Fällen ist das übertrieben: Grelle Farben wie Pink oder Neongelb seien für geschäftliche Anlässe zu extrem, machen überdies dem Auge zu schaffen -"nicht in jedem Fall ist kreativ auch seriös", gibt der Design-Fachmann zu bedenken. Auf der sicheren Seite seien Anwender, wenn sie dunkle Blau- und Grüntöne für die visuelle Gestaltung im Web verwenden: "Die dezenten Farbwerte können Sachlichkeit vermitteln." Eher gedeckte Töne wie Beige lassen sich zudem durch Akzentfarben wie Rot und Orange optisch aufpäppeln.
Was Anwender über sich selbst im World Wide Web preisgeben möchten, haben sie noch einigermaßen im Griff, sagt Christoph Neuberger von der Universität Münster. Weniger kontrollierbar seien die Dinge, die andere im Netz über einen schreiben. "Das sollte man im Blick haben", rät der Professor für Kommunikationswissenschaft. Die große Angst, dass ein unvorteilhaftes Foto "das Aus" bei jeder Bewerbung bedeutet, sei jedoch übertrieben: "Auch Personalchefs sind in der Lage, zwischen Arbeit und Freizeit zu trennen."