Deutschland unterschreibt umstrittenes ACTA-Abkommen nicht
Stand: 10.02.2012
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Berlin - Nachdem Internet-Aktivisten wochenlang protestiert haben, legt Deutschland die Unterzeichnung des umstrittenen ACTA-Vertrags zur Durchsetzung des Urheberrechts auf Eis. Die Nachrichtenagentur dpa erfuhr am Freitag aus Regierungskreisen, dass das Auswärtige Amt eine bereits erteilte Weisung zum Signieren des internationalen Vertragswerks wieder zurückzog.
Der auf Initiative der USA und Japans ausgehandelte Vertrag regelt unter anderem die "Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums im digitalen Umfeld". Kritiker sehen in dem Abkommen eine Einschränkung von Freiheitsrechten im Internet.
Das Anti-Counterfeiting Trade Agreement (Handelsabkommen zur Abwehr von Fälschungen) wurde am 26. Januar von der EU sowie von 22 der 27 Mitgliedsstaaten unterzeichnet. Deutschland habe den Vertrag nur "aus formalen Gründen" noch nicht mit unterzeichnet, die fehlende Unterschrift werde "in Kürze" nachgeholt, hieß es daraufhin im Auswärtigen Amt.
In der Zwischenzeit verstärkten sich jedoch die Proteste gegen ACTA, zahlreiche Internet-Aktivisten mobilisierten zu einer Kampagne gegen das Abkommen. Die Grünen, die Linke und die Piratenpartei sprachen sich ebenfalls gegen ACTA aus. Bedenken wurden auch innerhalb der FDP laut. Für (den morgigen) Samstag werden mehrere zehntausend Teilnehmer bei Anti-ACTA-Demonstrationen in 60 deutschen Städten erwartet. Weltweit rechne man mit 150 000 bis 200 000 Demonstrationen, teilte der internationale Koordinator der Kampagne "Stopp ACTA", Sebastian Radtke, am Freitag der Nachrichtenagentur dpa mit.
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) begrüßte am Freitag, dass die ACTA-Debatte "so engagiert und öffentlich geführt" werde. "Es ist notwendig und geboten, dass alle Fakten auf dem Tisch liegen." Jetzt müsse sich das Europaparlament mit dem Abkommen befassen und "entscheiden, ob es ACTA will oder nicht will". In Deutschland gebe es hierzu jedenfalls keinerlei Gesetzgebungsbedarf. Die Regierung lehne die Sperrung von Internetzugängen wegen Urheberrechtsverletzungen ab. Sie sei auch gegen ein System von Warnhinweisen, erklärte die Ministerin und fügte hinzu: "Internetprovider sind keine Hilfssheriffs."
Der ACTA-Vertrag sieht hingegen vor, dass Internet-Provider Daten wie die IP-Adresse herausrücken sollen, um bei Verstößen gegen das Urheberrecht eine Identifizierung von Personen zu ermöglichen. Inhaber von Urheberrechten können dann ihre Ansprüche juristisch durchsetzen.
Auch in anderen EU-Ländern nahmen in den vergangenen Tagen die Bedenken zu. In Polen, Tschechien und Lettland wurde die Ratifizierung des Vertrags nach heftigen Protesten vorerst ausgesetzt. "Wir dürfen auf keinen Fall zulassen, dass die bürgerlichen Freiheiten und der freie Zugang zu Informationen in irgendeiner Weise bedroht sind", erklärte der tschechische Ministerpräsident Petr Necas.