Datenroaming: TK-Branche wenig begeistert von EU-Plänen
Stand: 07.07.2011
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Brüssel - Mit Strukturmaßnahmen will die EU den Wettbewerb auf dem europäischen Roaming-Markt anregen. EU-Medienkommissarin Neelie Kroes bezeichnete am Mittwoch in Brüssel ihren Vorschlag als nachhaltige Lösung gegen die "Roaming-Abzocke", da Handynetzbetreibern der Marktzugang erleichtert werde und Kunden somit mehr Alternativen bekämen. Diese Pläne stoßen bei Branchenvertretern auf Ablehnung, bei der Bundesregierung hingegen auf Zustimmung.
Wirtschaftsminister Philipp Rösler sagte in Berlin, wenn die geplanten Maßnahmen griffen und ein intensiver Wettbewerb zu attraktiven Angeboten führe, könnten auch die starren Preisvorgaben für Roaming-Dienste in absehbarer Zeit überflüssig werden. "Dazu hat die EU-Kommission heute interessante Vorschläge gemacht, die grundsätzlich in die richtige Richtung weisen", sagte der FDP-Chef.
EU-Medienkommissarin Neelie Kroes empfiehlt für den Datendownload im EU-Ausland pro einem Megabyte Preisobergrenzen von 90 Cent ab Juli 2012 vor, 70 und 50 Cent in den beiden darauf folgenden Jahren.
Darin sieht der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) keine Notwendigkeit. Geschäftsführer Jürgen Grützner, sagte, das Vorhaben verstoße zudem gegen EU-Vorgaben, nach denen Endkundenpreise nur festgelegt werden sollen, wenn ein Markt trotz Regulierung der Großhandelspreise nicht funktioniere. Eine Regulierung von Daten-Roaming sei nicht erforderlich, weil es in Deutschland bereits EU-Tarife gebe, die 80 Prozent unterhalb der geplanten Festlegungen lägen, sagte Grützner.
Kroes hingegen bemängelte, heutzutage schalteten viele Verbraucher ihr Handy im Ausland aus, weil Kosten für Telefonate, SMS und Datendownload zu teuer seien. "Ein Mobiltelefon sollte mobil sein." Über die Grenzen hinweg zögen Verbraucher jedoch nach wie vor den Kürzeren und Betreiber kassierten skandalöse Margen - insbesondere beim Daten-Roaming. Derzeit betragen die Durchschnittskosten laut Kommission pro Megabyte mehr als zwei Euro, in Extremfällen sogar bis zu zwölf Euro.
Kroes glaubt an einheitlichen Roaming-Markt bis 2015
Um den Wettbewerb zu stimulieren, will die Kommission Anbieter ab Juli 2014 verpflichten, zuzulassen, dass Verbraucher während des Aufenthalts im Ausland vorübergehend den Roaming-Dienst eines ausländischen Netzbetreibers nutzen können, sollte dieser günstiger sein. Dabei kann der Kunde seine SIM-Karte und inländische Nummer behalten. Zudem sollen Telekommunikationsunternehmen die Mobilfunknetze in anderen Mitgliedsstaaten zu regulären Großhandelspreisen nutzen können und auch im Ausland ihre Dienste anbieten.
Bis die strukturellen Maßnahmen greifen, sollen bis 2016 weiter Preisobergrenzen gelten. Bis dahin würden die Marktpreise weit tiefer liegen, sagte Kroes. Nach wie vor hält die EU-Kommissarin an den Plänen für einen einheitlichen Roaming-Markt bis 2015 fest, auf dem die Ausgaben aller EU-Bürger denen im Inland gleichen.
Brüssel führte 2007 erstmals eine Kostendeckelung für Roaming-Anrufe ein. Die geltende Roaming-Verordnung läuft im Juni 2012 aus. Dem neuen Vorschlag müssen EU-Parlament und Rat noch zustimmen. Zudem sollen erstmals, neben weiteren Preisobergrenzen für Handy-Telefonate im EU-Ausland, auch Endkundenpreise für mobiles Surfen gedeckelt werden.
Die Obergrenze für einen ausgehenden Anruf soll demnach ab Juli 2012 auf 32 Cent sinken, 2013 und 2014 auf 28 und 24 Cent. Ein eingehender Anruf kostet bis Juli 2014 höchstens zehn Cent. Der Preis für den Versand einer SMS darf zehn Cent nicht überschreiten.
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