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Cloud Computing ist für viele schon lange Gewohnheit

Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dapd

Berlin - Fassungslosigkeit beim Softwaregiganten Microsoft: "Klappt nicht in Australien", "Läuft auch nicht in London" und "Funktioniert nicht in Florida" waren vor gut einer Woche nur einige wenige von etlichen Einträgen frustrierter Nutzer auf der Webseite des US-Konzerns. Es ging um das sogenannte Cloud Computing-Angebot "Windows Live", bei dem Anwendungen auf Servern laufen und über das Netz lediglich noch die Oberfläche abgerufen wird.

Wer dem Erfinder des Betriebssystems Windows auch in der vernetzten Welt vertraute, der wurde an diesem Tag enttäuscht: Plattformen wie der auf dem gesamten Globus populäre E-Mail-Dienst Hotmail, der Online-Speicher SkyDrive und etliche weitere Angebote, die Microsoft im Produkt "Windows Live" zusammenfasst, waren kollabiert. Microsoft bekam seine Dienste erst Stunden später wieder zum Laufen.

Datenwolke ist für viele schon gelebte Realität

Die Panne bei Microsoft zeigt nicht zuletzt, wie sehr ein Trend in der Techniklandschaft Gefahr läuft, nicht einzulösen, was er verspricht. Es geht um das sogenannte Cloud Computing, bei dem Anwendungen auf Servern laufen und über das Netz lediglich noch die Oberfläche abgerufen wird.

Viele Nutzer speichern ihre teils sensiblen Daten schon seit Jahren in diesen Datenwolken. Wer seine E-Mails auf Plattformen wie Hotmail, GMX oder Web.de schreibt, für den ist das gelebte Realität. "Das sind Dienste, die viele Anwender schon seit Jahren ganz selbstverständlich nutzen, ohne "dass sie da ständig von Cloud Computing reden", sagt Dieter Kempf.

Kempf ist Präsident des deutschen IT-Verbandes Bitkom. Vor allem aber leitet er den Dienstleister Datev, dem Steuerberater viel anvertrauen. Datev setzt dabei heute in erster Linie auf die Cloud. Kempf glaubt dennoch nicht daran, dass irgendwann alles im Netz landet: "Es wird beides geben und auch hybride Ansätze."

"Daten sind nicht gleich Daten"

In den Rechenzentren seines Anbieters, der in Nürnberg ansässigen Datev, speicherten etwa viele Steuerberater "vorbehaltlos" Finanzdaten ihrer Mandanten samt Notizen der Kanzleien. "Gleichzeitig wollen sie die Rechnungslegung nicht aus der Hand geben", berichtet Kempf. "Das zeigt: Daten sind nicht gleich Daten."

Natürlich zweifelt der IT-Manager nicht daran, dass die Daten auf seinen Servern sicher seien. Da spiele auch ein "subjektives Gefühl" eine Rolle, etwa die Abschottung sensibler Daten vor Mitarbeitern. Es solle nicht jeder im Haus erfahren, wer wie viel verdiene.

Dieses Sicherheitsgefühl sei "nicht immer ganz rational", sagt Kempf. So seien Unternehmen mit Lohn- und Gehaltsdaten am vorsichtigsten, wo doch "objektiv betrachtet diese Informationen eher unkritisch" seien, verglichen etwa mit Unternehmensstrategien.

Vor allem Google bedient die Bequemlichkeit der Nutzer

Doch auch die Daten vieler Privatanwender und Selbstständiger finden immer häufiger ihren Weg in die Datenwolke, wo der Nutzer physisch keine Kontrolle mehr ausüben kann. Nachdem sich Verbraucher daran gewöhnt hatten, E-Mails im Web zu lagern statt auf heimischen Rechnern, begann vor allem Google damit, Bequemlichkeit zu bedienen.

Während viele ihre Texte, Tabellen und Präsentationen noch mit Programmen wie Microsofts Office-Paketen schrieben und dafür Anwendungen wie Dokumente auf den eigenen Computern speicherten, lockte Google schon vor Jahren mit kostenfreiem Speicherplatz auf den eigenen Servern. Der Vorteil leuchtet ein: Läuft alles glatt, dann sind dort alle Daten auch dann greifbar, wenn der Nutzer den Computer wechselt.

Auf die Datenwolke setzen heute indes fast alle großen IT-Anbieter. Microsoft folgte eben mit "Windows Live" dem Trend und bietet dort für eine Hand voll Euros im Jahr sein Paket "Office 365" auf Abruf an. Waren Word und Co. bisher klassisch-stationär auf einzelnen PCs installiert, können Nutzer nun von überall Serienbriefe erstellen, an Präsentationen feilen und komplexe Tabellen pflegen.

Auch die Telekom pflegt dicke Datenwolken

Auch die Deutsche Telekom setzt auf Cloud Computing. Derzeit zählt der Bonner Konzern für Geschäftskunden elf Angebote. So richten die Techniker etwa Telefonanlagen gar nicht mehr physisch in den Büros ein: Die Gespräche werden in zentralen Rechnern koordiniert. In einem "Secure Dataroom" wiederum sollen Telekom-Kunden "über mehrere Standorte hinweg gemeinsam Geschäftsdokumente bearbeiten".

Für private Nutzer hält die Telekom derzeit sechs Angebote bereit, die in der Datenwolke arbeiten, darunter Online-Speicherplatz für Bilder, Musik und Videos und natürlich zentrale E-Mail-Server.

Bitkom-Präsident Kempf, der mit der Cloud sein Geld verdient, sieht in dem Modell einerseits viele Vorteile. "Gerade bei Privatanwendern sind Daten bei einer zentralen Verwaltung häufig besser aufgehoben", sagt er. Denn kaum einer sichere seinen Computer daheim so umfassend ab, wie das ein IT-Dienstleister könne. "Das wäre viel zu umständlich, und dafür bräuchte es auch extremes Fachwissen", sagt Kempf.

Auch der Leiter der IT-Sicherheit bei der Deutschen Telekom, Thomas Tschersich, gibt sich selbstbewusst. "Generell sind Daten in einer gut geführten und gesicherten Wolke sicher aufgehoben", sagt er.

Nutzer machen sich zu wenige Gedanken

Andererseits lege der Nutzer seine Daten dann eben in die Hände eines Dritten. "Gerade im privaten Bereich nutzen wir alle doch nur allzu gerne kostenfreie Dienste", sagt Branchenvertreter Kempf, der sich explizit dazu zählt. Die Nutzer überlegten sich aber zu selten, warum sie dafür nicht zahlen müssten.

"Kostenlos können die Angebote eben nur sein, wenn der Anbieter mit einer Gegenleistung sein Geschäftsmodell unterhalten kann", sagt Kempf. Er mahnt: "Und wenn das nicht unser Geld ist, dann sind es mit hoher Wahrscheinlichkeit unsere Daten."