Chatten ist Massensport - Mit *heul* und rotfl durchs Plauderweb
Stand: 23.08.2002
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Hamburg (dpa) - Da wird "*unschuldigguck*", "*traurigseufz*", "*fg*" und "*lol*" getippt, zum Abschied heisst es "cu" und "*bussi*" - Abkürzungen und Akronyme aus dem Cyberslang der Chatter, die in virtuellen Gesprächsräumen im Internet miteinander plaudern. Als Vater der Plauderei im World Wide Web gilt der Finne Jarkko Oikarinen, der als Student Ende August 1988 den Vorläufer aller Chat- Systeme erdacht hatte. Ursprünglich nur für sich und etwa zehn Nutzer gestartet, entwickelte sich der so genannte Internet Relay Chat (IRC) in kurzer Zeit rasant weiter.
Wer chattet, tauscht sich direkt und gleichzeitig über das Internet aus. Fast alle Chatter wählen Spitznamen wie "BigMac", "Eisennase" oder "Charly Brown". Wegen des schnellen Wechsels von Frage und Antwort gibt es kurze Sätze. Rechtschreibung und Kommaregeln spielen häufig keine Rolle, in der Regel wird alles klein geschrieben. "Das Besondere am Chat ist die Echtzeit, das ist wie Telefonieren in Schriftform", sagt der Germanistik-Professor Peter Schlobinski von der Universität Hannover. "Mit den Ausdrücken in Sternchen, mit Smileys, Abkürzungen und phonetischer Schreibweise werden mündliche Elemente der Kommunikation kompensiert und auch Emotionen vermittelt."
Zu den beliebtesten Chat-Vokabeln gehören "lol" für laughing out loud (laut lachend), "rotfl" (rolling on the floor laughing - sich lachend auf dem Boden wälzen) und "*g*" für grins oder "*fg*" für "frechgrins". Wer den Chat verlässt, tut dies oft mit "cu" - "see you" (Auf Wiedersehen). Auch Elemente aus der Comic-Sprache kommen vor: "*zwinker*", "*angsthab*", "*dummguckwieimmer*". Bei den Smileys, die seitwärts gelesen werden, sind der lachende :-), der augenzwinkernde ;-) und der traurige :-( die häufigsten Varianten. Gern werden mit den Symbolen @)-->-->-- virtuelle Rosen überreicht. Grossbuchstaben oder fett gesetzte Wörter stehen für lautes Schreien.
Bestimmte Elemente lassen sich in allen Chats finden, eine generelle Chatsprache gibt es nach Ansicht von Sprachwissenschaftlern allerdings nicht. So wird in einem moderierten Chat mit Politikern anders geredet als in einem Chat-Raum, in dem es ums Plaudern und Geselligkeit geht. Der Sprachwissenschaftler Androutsopoulus sieht im Chat keine Bedrohung der Sprache: "Leute, die chatten und mailen, haben vorher häufig überhaupt nichts geschrieben - weder einen Brief noch sonst irgendetwas. Das ist eine neue Ebene von Schriftlichkeit, ich sehe darin eine Bereicherung."
Auch sein Kollege von der Universität Dortmund, Michael Beisswenger, hält eine Sprachpolizei für überflüssig. Den kommenden Trend sieht er in über Chats abgewickelten Programmen für Aus- und Weiterbildung und einer Online-Unterstützung bei Computerproblemen. "Solche Dinge, aber auch Uni-Seminare und Arbeitsbesprechungen internationaler Firmen per Chat werden sich in den nächsten Jahren intensiv entwickeln. Daneben wird es aber immer auch die Online- Unterhaltung mit Prominenten und den geselligen Chat geben."