Bus bringt Internet zu Jedermann - "Fernsehen vergessen"
Stand: 10.01.2005
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Waren/Berlin (dpa) - "Wir haben vor zwei Monaten mit dem Internet angefangen, Fernsehen können Sie seitdem vergessen", sagt Jutta Ender. Die Rentnerin sitzt zusammen mit ihrem Mann im Media-Bus des Überregionalen Ausbildungszentrums (ÜAZ) Waren und lässt sich neueste Tipps in Sachen Soft- und Hardware geben. "Es kommen immer mehr und der Aktionsradius wird auch immer grösser", sagt Projektleiter Klaus Müller-Thüring. Seit 2000 hätten rund 18.000 Menschen den Bus genutzt.
Zusammen mit dem Ministerium würden Routen abseits der Grossstädte geplant, um "auch Lieschen Müller für Windows oder Linux interessieren zu können", erklärt Müller-Thüring. An zwölf hochmodernen Arbeitsplätzen geben er und Gunnar Büchle Tipps, helfen Einsteigern ebenso, wie erfahreneren Nutzern. "Manche verschicken bei uns Bewerbungen, andere wollen wissen, wie E-Mails funktionieren, damit sie Kontakt zu ihren Enkeln in der Welt halten können", sagt Büchle, der den Bus schon seit fünf Jahren steuert.
Mehr als 100.000 Kilometer hat Büchle mit dem Media-Bus hinter sich. 2004 waren an 110 Tagen Kiel, Lübeck, Schwedt, Wittenberge, Halle-Neustadt, Halberstadt, Luckenwalde bei Berlin und Grimmen die Stationen. Auch Prominente liessen sich schon schulen: die Ministerpräsidenten Matthias Platzeck (SPD), Harald Ringstorff (SPD) und Christian Wulff (CDU) nutzten Büchles fahrbares Computerkabinett. Mitunter ordern Firmen den Bus, um ihre Mitarbeiter - beispielsweise in Touristikfirmen - tageweise zu schulen.
"Mein Mann kann so auch seine Medikamente bestellen", freut sich Jutta Ender. Sie selbst will ihre Fotos einscannen und auch ihre eigenen Rezepte: "So kann man sogar sein eigenes Kochbuch schreiben", meint die 69-Jährige. Die Erfahrungen der Männer vom ÜAZ flossen jetzt auch in ein weiteres Projekt mit Seltenheitswert ein: Zusammen mit dem Blinden- und Sehbehindertenverband wurde Internetnutzung für Blinde und Sehbehinderte - über Kopfhörer, spezielle Programme und Tastaturen - angeschoben. "Eine Frau bedankte sich bei uns, es habe ihr ein völlig neues Lebensgefühl gegeben", sagt Büchle.