Bundeskartellamt nimmt Amazon ins Visier
Stand: 21.02.2013
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Bonn - Der weltgrößte Online-Händler Amazon gerät in Deutschland aufgrund seiner Geschäftspraktiken immer mehr ins Zwielicht. Nach dem Skandal um die Arbeitsbedingungen für Leiharbeiter prüft nun das Bundeskartellamt, ob Vertragsklauseln von Amazon für externe Händler den Wettbewerb behindern und zu höheren Preisen für Verbraucher führen. Zwei deutsche Kleinverlage beendeten unterdessen wegen "katastrophal schlechter Konditionen" ihre seit Jahren bestehende Kooperation mit dem Internetriesen.
Das Bundeskartellamt berichtete am Mittwoch, es habe eine Online-Befragung von 2.400 Händlern gestartet, die ihre Waren über Amazon-Marketplace anbieten. Der Hintergrund: Amazon untersagt allen Händlern, die ihre Ware über die Online-Plattform des Unternehmens verkaufen, die dort offerierten Produkte an anderer Stelle im Internet preiswerter anzubieten.
Dies könne gegen das allgemeine Kartellverbot verstoßen, erklärte Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Denn es spreche einiges dafür, dass durch die Beschränkung der Preissetzungsfreiheit der Händler auch der Wettbewerb zwischen den Internet-Marktplätzen beschränkt werde. Schließlich könnten die Händler auf diese Weise günstigere Konditionen anderer Internet-Plattformen nicht in Form niedrigerer Preise an die Endkunden weitergeben. Dies könne es insbesondere Newcomern auf dem Markt erschweren, sich neben Amazon zu behaupten und für die Kunden zu höheren Preisen führen.
Sollte sich der Verdacht durch die Ermittlungen bestätigen, kann Amazon dazu verpflichtet werden, die sogenannte Preisparitätsklausel aus den Teilnahmebedingungen zu streichen.
"Wir fühlen uns nicht als Partner behandelt"
Kritik an Amazon kommt auch aus der Verlagsszene. Der Mainzer VAT Verlag und der Verlag Ch. Schroer aus Lindlar bei Köln beendeten ihre Zusammenarbeit mit dem US-Konzern und begründeten diesen Schritt unter anderem mit hohen Rabattforderungen von Amazon und einem "schrecklichen Warenwirtschaftssystem".
Der Mainzer Verleger André Thiele schrieb in der von ihm am Mittwoch veröffentlichen Kündigung: "Ein Geschäftsmodell im Vertrieb, das weder den Lieferanten noch den eigenen Mitarbeitern die Luft zum Atmen lässt, hat keine Zukunft."
Der Verleger Christopher Schroer warf Amazon-Gründer Jeff Bezos vor: "Wir fühlen uns nicht als Partner behandelt, sondern als Bittsteller, der bitte, bitte, bitte seine Bücher über Ihre Plattform vertreiben darf und zwar zu Konditionen und Verträgen, die Sie diktieren."
Eine Stellungnahme von Amazon zu dem Kartellamts-Verfahren und den Vorwürfen der Kleinverleger war zunächst nicht zu erhalten. In den vergangenen Tagen war der Online-Händler bereits wegen der Arbeitsbedingungen für ausländische Leiharbeiter in die Kritik geraten.
Nach ARD-Recherchen waren Arbeitssuchende in Osteuropa und Spanien für das Unternehmen mit falschen Angaben zur Entlohnung angeworben und in überfüllten Feriendörfern untergebracht worden. Ein Sicherheitsdienst mit Verbindungen zur Neonazi-Szene soll sie dort penibel überwacht haben.