Bericht: Neue EU-Vorratsdaten-Richtlinie soll im Sommer kommen
Stand: 30.04.2012
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Berlin - Nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Spiegel" will die EU-Kommission bereits im Sommer einen neuen Entwurf der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung präsentieren. Die Kommission wolle die umstrittene Regelung aber keineswegs aufheben, sondern Verbesserungen etwa bei der Datensicherheit erreichen, schreibt das Magazin in seiner neuen Ausgabe. Der Streit in der deutschen Regierungskoalition über ein geeignetes Vorgehen hält derweil an.
Aus einem Kommissionsbericht an die Bundesregierung gehe hervor, dass nahezu alle EU-Mitgliedstaaten den Nutzen der Vorratsdatenspeicherung bestätigt hätten, berichtet der "Spiegel". Es gehe lediglich um Verbesserungen "im Bereich des Schutzes der gespeicherten Daten und der Datensicherheit", heiße es in dem dreiseitigen Papier.
"Schlicht und ergreifend Humbug"
FDP-Chef Philipp Rösler forderte die Union auf, den Bedenken der Liberalen Rechnung zu tragen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) habe "einen ausgewogenen Gesetzentwurf vorgelegt, der die Rechtsstaatlichkeit wahrt, sich für Freiheit einsetzt und eine vernünftige Alternative darstellt", sagte Rösler der "Welt am Sonntag". "Das ist die Grundlage, auf der wir diskutieren sollten." Leutheusser-Schnarrenberger habe die volle Rückendeckung der FDP, betonte er. "Die Union sollte das zur Kenntnis nehmen - und ihre starre Haltung lockern."
Es sei "schlicht und ergreifend Humbug", in Deutschland ein Gesetz zu erzwingen, das am Ende nur eine Zwischenlösung wäre, sagte FDP-Generalsekretär Patrick Döring der "Passauer Neuen Presse" vom Samstag mit Blick auf die zu erwartende neue EU-Richtlinie. "Eckpunkte für eine neue Richtlinie, so hört man, liegen in Brüssel bereits in der Schublade." Der FDP-Generalsekretär forderte daher: "Einen Schritt nach dem anderen tun, erst die Richtlinie ändern und dann die nationale Gesetzgebung bewerten."
"Nicht sehenden Auges europäisches Recht verletzen"
Die EU-Kommission hatte bereits im vergangenen Jahr angekündigt, die Bestimmungen aufgrund von Datenschutzbedenken überarbeiten zu wollen. Ein Kommissionsprecher warnte die Bundesregierung am Freitag aber davor, deswegen das EU-Recht nicht zu befolgen: "Die Evaluierung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung kann keine Entschuldigung sein, sie nicht umzusetzen."
Auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) beharrte am Wochenende auf einer deutschen Regelung, die den EU-Vorgaben entspricht. "Ich kann nicht sehenden Auges europäisches Recht verletzen", sagte er der neuen Ausgabe der "Wirtschaftswoche". "Wir haben in Brüssel den sechs Monaten zugestimmt, da können wir jetzt nicht mit einer Woche kommen." Bei besonders schweren Verbrechen wie Kinderpornografie reiche es nicht, die Daten für ein paar Stunden oder Tage aufzubewahren.
Die schwarz-gelbe Regierungskoalition in Berlin streitet seit Monaten erbittert über die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. CDU und CSU dringen gemäß den EU-Regeln auf eine sechsmonatige generelle Speicherung von Telekommunikationsdaten zur Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus. Die FDP lehnt eine solche anlasslose Speicherung jedoch ab und schlägt alternativ das kurzfristige Einfrieren von Daten im Verdachtsfall vor - das sogenannte Quick-Freeze-Verfahren.
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