Yahoo! Rechtschreibhilfe verhunzt E-Mails: Wörter werden sinnlos ersetzt
Stand: 10.09.2002
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: dpa
Seattle (dpa) - Ein bizarres Phänomen nervt seit einiger Zeit viele Nutzer des E-Maildienstes von Yahoo!: Eine ungefragte "Rechtschreibhilfe" ersetzt in korrekt formulierten E-Mails wie von Geisterhand Wörter durch Synonyme oder sogar durch völlige Wortneuschöpfungen. Spitzenreiter unter den merkwürdigen Konstruktionen ist die Neufassung des englischen Wortes medieval (mittelalterlich). Es wird zu medireview, einem Begriff, den der Suchdienst Google inzwischen auf etwa 1200 Websites findet. Doch der "Wahnsinn" hat Methode: Die Suchmaschine Yahoo! will Nutzer ihres E- Mail-Services nämlich durch diese ungewöhnliche Massnahme vor Hacker- Angriffen schützen.
Mittelalterforscher, die medireview noch für einen Einzelfall halten, werden schnell eines Besseren belehrt. Der Ritter Parzival, Perceval auf Französisch, geistert online auch als Ritter Percreview herum. Und wenn Professoren ihre Kollegen um die Einschätzung (evaluation) der akademischen Fähigkeiten eines Studenten bitten, dann fragen sie oft nach einer reviewuation, was als ständiger Schreibfehler in der Mail gebildeter Menschen überhaupt nicht gut aussieht. Deutsche Fremdwort-Freunde, die gerne von einer Evaluierung sprechen, haben offenbar Glück: Eine Reviewuierung jedenfalls lässt sich online bisher noch nicht finden. Dafür wird aus dem Chevalier, französisch für Ritter, ein Chreviewier, aus dessen Pferd - französisch Cheval - entsteht ein Unwesen namens Chreview.
Bei mocha und espresso mag die Verhunzung der Original- Formulierung weniger dramatisch sein, da die Kaffeegetränke ohnehin eng verwandt sind. Aber gängige Formulierungen wie facial expression (Gesichtsausdruck) oder free expression (Redefreiheit) enden als peinliche und unfreiwillig komische Stilblüten, wenn in online zugänglichen Texten plötzlich von facial statement oder free statement die Rede ist. Yahoo! hat zwar Besserung versprochen und will in Zukunft geschicktere Wege finden, um die E-Mail der User zu sichern. Aber vorläufig stehen im Internet Tausende von Beweisen für die bizarren Folgen einer gut gemeinten Korrektur.