Was der Klingelton über den Besitzer sagt
Stand: 22.07.2008
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Berlin/München (dpa/tmn) - Ein altmodischer Telefonton, ein 80er-Jahre-Kuschelrocksong oder ein quäkender Frosch: Man kann sein Handy auf viele Weisen klingeln lassen. Vor allem in geselligen Situationen sind das nüchterne Klingeln oder das lautlose Vibrieren stilistisch die eleganteste Lösung. Denn das demonstriert Abgrenzung zu Fauxpas wie dem singenden Hasen, Klospülungen oder Ballermann-Hits. Denn Klingeltöne sind wie die Kleidung ein Stil-Statement - und sie verraten damit viel über den, der das Telefon ans Ohr nimmt.
Die Auflistung sei nicht ganz ernst gemeint - sie könne beim Kennenlernen neuer Leute aber sehr hilfreich sein, sagt Zyluk: "Hat jemand zum Beispiel einen Song von Bob Dylan oder Jimi Hendrix auf sein Handy geladen, ist diese Person höchstwahrscheinlich sehr nachdenklich und vielseitig interessiert - das heißt, sie ist kreativ, klug und aufgeschlossen."
Dröhnen hektische Töne wie der Song "Firestarter" von der Band The Prodigy aus dem Telefon, hat sein Besitzer nach Einschätzung der Marketing-Experten eher einen ausgefallenen Geschmack und einen "abenteuerlichen" Charakterzug: Er geht oft Risiken ein und sammelt gern "aufregende Erfahrungen" - ganz im Gegensatz zu Menschen, die ihr Handy mit der Musik von Britney Spears oder Christina Aguilera klingeln lassen. "Die gehen am liebsten in Discos oder treffen sich mit Freunden", erklärt Zyluk.
Etikette-Expertin Salka Schwarz aus Berlin rät davon ab, den Klingelton nach Lust und Laune auf das Handy zu laden: "Menschen neigen dazu, andere in eine Schublade zu stecken - und die Frage ist, in welcher wir landen." Jeder könne das selbst durch die Wahl seines Klingeltons ein wenig beeinflussen - oder eben verursachen. Schnell steht der mit dem Telefon in der Hand dann als singender Hase Schnuffel da.
"Wer sich eine Kuschelrock-Melodie ausgesucht hat, wird von vielen sicher als Romantiker gesehen. Es kann aber auch Leute geben, die so eine Auswahl eher schräg oder peinlich finden", sagt Schwarz. Die Schublade hängt eben auch immer vom Betrachter ab, nicht nur vom Handybesitzer. Mit einem ganz normalen Klingeln dagegen könne an sich nichts schief gehen - wer aber nicht unbedingt als langweilig oder einfallslos gesehen werden will, sollte sich etwas Kreatives aussuchen, empfiehlt Schwarz.
Strenge Gesetze gelten vor allem im Beruf. "Im geschäftlichen Bereich ist es unerlässlich, den Klingelton für sein Handy mit Bedacht auszuwählen", sagt Benimm-Trainerin Monika Brett aus Baden-Baden. "Die zentrale Frage ist hier: Passt er zu mir und zum Unternehmen?" Wer in einer Bank arbeitet, entscheidet sich besser für ein unaufdringliches Klingeln. Denn Seriosität steht im Vordergrund. Ein auffälliger Klingelton kann bei Kundenkontakten schnell störend wirken oder zum Schmunzeln anregen - das untergräbt die Ausstrahlung fachlicher Kompetenz.
Nicht immer muss die Stilbotschaft aber einschränken - sie kann auch neue Möglichkeiten schaffen. Michael Grundmann aus München zum Beispiel hat via Klingelton eine Möglichkeit gefunden, sein Hobby nach außen zu tragen und Gleichgesinnte zu finden: "Ich bin ein absoluter Fan von den Simpsons und habe schon seit Jahren die Titelmelodie der Serie auf meinem Handy", sagt der 32-Jährige. Das bescherte ihm in der Vergangenheit schon jede Menge neuer Bekanntschaften mit anderen Fans der gelben Chaos-Familie. "Ich wurde schon in der U-Bahn angesprochen, nachdem mein Handy geklingelt hat. Oder ich bekam abends in der Kneipe Sympathiebekundungen."
Und so erkennt Stiltrainer Jan Schaumann aus Berlin in außergewöhnlichen Klingeltönen auch den Wunsch nach Zusammengehörigkeit: "Wer sich zum Beispiel die Star-Wars-Melodie herunterlädt, hofft auch, auf diese Weise mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen, die seine Leidenschaft teilen." Und so kann ein Klingelton nicht nur den Anruf des Chefs oder der nervigen Ex-Freundin ankündigen. Er kann auch den Freundeskreis erweitern. Nur zum eigenen Stil muss er passen.