SMS auf dem Siegeszug - Abschied von der Ansichtskarte?
Stand: 06.08.2001
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(cs/dpa) Eine SMS saust zum Empfänger, die gute alte Postkarte trödelt. Aber ist die auf Handy-Tasten getippte Kurz-Botschaft allein deshalb besser, weil sie schneller ist? Zum Beispiel für Urlaubsgrüße oder eine Liebeserklärung? Die Zahl der verkauften Bildpostkarten ist seit Jahren rückläufig, die Begeisterung für die 160 Zeichen kurzen SMS (Short Message Service)dagegen hat nach dem Start 1994 schnell euphorische Züge angenommen. Für viele Technik-Fans scheint die Sache klar: Die telefonisch verschickte Nachricht muss noch etwas mehr können, länger, bunter, tönend sein - dann dürfte der Tod der Postkarte besiegelt sein.
Waren es 1996 noch einige Millionen in Deutschland verschickte SMS pro Jahr, sind es heute schon 1,8 Milliarden im Monat. Der Trend, sagt Löffeler, geht zur privaten elektronischen Nachricht. "Wenn die Technik der Telefon-Botschaften weitere Fortschritte macht, könnte es in zehn Jahren düster aussehen für die Postkarten", schätzt der Informatiker - dann nämlich, wenn das mobile Telefon digitale Urlaubsfotos übertragen kann und die dafür nötigen Geräte so günstig werden, dass sie massenweise benutzt werden.
"Multimedia Messaging" (MMS) heißt Kommunikations-Zukunft, wenn Handys alles senden, egal ob Video, Musik oder eben den Ferienschnappschuss. Das dürfte persönlichen Briefen und Postkarten den Todesstoß versetzen, prophezeite Hubert Weid, Vorstand der Net Mobile AG, (Düsseldorf), unlängst bei einer Fachtagung in Hamburg.
"Da irren die Handy-Experten: Wir verkaufen zwar weniger Postkarten als früher, aber es wird immer Karten-Fans geben", meint eine Kiosk-Verkäuferin in Hamburg trotzig. Eine Ansichtskarte habe das "gewisse Etwas". Ein Blick auf die Geschichte der offenen Kurzmitteilung, die seit rund 130 Jahren verschickt wird, gibt ihr Recht: Kaum erfunden, wurden Postenkarten schnell zu Sammelobjekten.
1865 kam dem preußischen Geheimen Postrat Heinrich Stephan die Idee, den Brief durch eine "Correspondenzkarte" - noch ohne Bild - zu ergänzen. Österreich-Ungarn griff den Vorschlag 1869 auf. Kurz darauf (1870) folgten der Norddeutsche Bund, Württemberg, Baden und Bayern. Lithographien und Fotos machten die schlichten Botschaften endgültig zum Renner. Sammler, "Philokartisten" genannt, gründeten Vereine, klebten Motivkarten in Alben. "Die goldenen Jahre der Postkarte lagen zwischen 1895 und dem Ende des Ersten Weltkriegs", berichtet die Volkskundlerin Karin Walter vom Hamburger Museum für Kommunikation. Morgens geschrieben, konnte eine Karte schon Stunden später beim Adressaten sein - denn die Post kam bis vier Mal am Tag.
"Heute werden lange nicht mehr so viele Motivkarten verschickt wie damals", weiß die Forscherin, «aber auch nicht so wenige, wie manche Leute denken.» Im Jahr 1900 beförderte die Reichspost 955 Millionen Stück. Im Zeitalter von Telefon und E-Mail kaufen die Deutschen nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft der Hersteller und Verleger von Karten (AVG) nur noch rund 80 Millionen Motivpostkarten (plus eine kleine Menge touristischer Ortsansichten). Die Post selbst ermittelt die Zahl der verschickten Katen nicht.
"Eine Ansichtskarte ist etwas anderes als der bloße Text auf dem Display", ist Karin Walter überzeugt: In den meisten Wohnungen hängen irgendwo Karten an der Wand. Mütter horten die krakeligen Reisegrüße ihrer Sprösslinge. Und wenn eigene Fotos vom Ferienort nur Regen-Grau wären - wer kauft da nicht das Kärtchen am Kiosk? "Die Postkarten-Optik mit retuschiert blauem Himmel und ohne Touristen-Massen hat einen festen Platz in der Alltagskultur", betont die Kommunikations-Expertin. AVG-Chef Günter Garbrecht berichtet zudem, dass die Freude an neuen Medien den Spaß am K