Smartphones machen zunehmend Navigationsgeräten Konkurrenz
Stand: 06.09.2010
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Berlin - Der Smartphone-Boom setzt die Hersteller von Navigationsgeräten unter Druck. Auf guten Smartphones ist mittlerweile fast selbstverständlich auch Navigationssoftware vorinstalliert. Die Navi-Hersteller bemühen sich deshalb, mit Zusatzdiensten zu punkten und ihr Angebot damit interessanter zu machen. Auf der IFA (bis 8. September) in Berlin wurden zum Beispiel neue Fahrspurassistenten vorgestellt sowie lokale Suchdienste für günstige Tankstellen und realitätsgetreue Straßendarstellungen vorgeführt.
Rund 7 Prozent der deutschen Handy-Besitzer nutzen dem IT-Verband Bitkom zufolge ihr Mobiltelefon als Navigationsgerät - Tendenz steigend. Unter den Smartphone-Nutzern ist der Anteil schon weitaus höher.
Das bleibt nicht ohne Folgen für den Markt der Navigationsgerätehersteller, der ohnehin schon im Schrumpfen begriffen ist: Marktforscher rechnen für sie in diesem Jahr mit sinkenden Verkaufszahlen und Umsätzen. Die Analysten von Gartner sehen vor allem die Umsätze mit tragbaren "Saugnapf"-Navis unter der Konkurrenz von Smartphones leiden.
Die Hersteller solcher Navigationsgeräte geben sich gelassen. "Smartphone-Navigation ist nur eine Ergänzung und wird meist nur für Kurztrips genutzt. Das ist keine ernsthafte Konkurrenz", sagte TomTom-Managerin Corinne Vigreux. Trotzdem hat TomTom schon eine iPhone-App entwickelt, die Smartphone-Kunden ködern soll.
Auch Garmin-Manager Klaus-Peter Brück zeigt sich überzeugt, dass die High-Tech-Telefone seiner Branche nicht das Wasser abgraben werden. "Wir glauben fest daran, dass es auch in Zukunft eine Daseinsberechtigung für mobile Navigationsgeräte gibt."
Garmin versucht, die Smartphone-Hersteller mit den eigenen Waffen zu schlagen und entwickelte schon vor zwei Jahren das Navigationstelefon "nüvifone", das allerdings lange zur Marktreife brauchte. An Apps denke man hingegen noch nicht, betont Brück.
Beim Hersteller Navigon fährt man eine etwas andere Strategie. Navigon hat inzwischen schon Apps für alle Smartphone-Betriebssysteme im Programm - kostenlose Grundversionen gibt es außerdem für Telekom-Kunden auf dem iPhone und für Android-Geräte. "Wir sind in diesem Markt sehr erfolgreich", findet Navigon-Manager Gerhard Mayr.
Nach Meinung von Gartner-Analyst Thilo Koslowski bleibt den Herstellern von mobilen Navigationsgeräten nichts anderes übrig: "Sie müssen alle Geräteklassen bedienen. Inzwischen merken die Unternehmen aber auch, dass der Verkauf von Apps sehr lukrativ sein kann."
Doch ob die kostenpflichtigen Apps auf Dauer ziehen, muss sich noch zeigen: Denn die Handyhersteller werben inzwischen massiv mit Gratis-Navigationsfunktionen. Branchenprimus Nokia hat sich vor drei Jahren den Softwareanbieter Navteq einverleibt und versucht mit der kostenlosen Dreingabe von Navigationssoftware den schleppenden Verkauf seiner Smartphones anzukurbeln. Google bietet die Google Maps Navigation für sein Smartphone-Betriebssystem Android an. Auch die Zahl der Apps für Apples iPhone wächst beständig.
Die Unternehmen, die vom Geschäft mit Navigation leben, haben an Gratis- oder Billigangeboten selbstverständlich nur wenig Interesse. Erste Grabenkämpfe zeichnen sich bereits ab: Die Firma Skobbler trieb es mit günstigen Angeboten für iPhone-Nutzer so weit, dass Navigon mit einer einstweiligen Verfügung dagegen vorging. Der Hersteller von Navigationssoftware wollte seine teure Software selbst im App Store für das iPhone vertreiben. Die Unternehmen konnten sich schließlich außergerichtlich darauf einigen, dass Skobbler nur Off-Board-Lösungen anbietet.
Können Smartphones Navigationsgeräte tatsächlich ersetzen?
Axel Kossel von der Computerzeitschrift "c't" kommt zu dem Schluss: "Smartphones sind mit der richtigen Software den Navigationsgeräten nicht nur ebenbürtig, sondern zum Teil sogar überlegen. Sie sind aber auch deutlich teurer, sogar im Vergleich mit einem Set aus Navi und einfacherem Handy." Außerdem bräuchten die Smartphones natürlich angemessen große Displays.
Gartner-Analyst Koslowski sieht den Kampf für die Navigationsger ätehersteller noch nicht verloren. Allerdings müssten sie ihre Dienste verbessern: Die klassischen Navigationsgeräte müssten zum Beispiel noch stärker vernetzt werden, so dass sie aktuelle Verkehrs-Informationen austauschen können. Beim Design könnten die Gerätehersteller mit größeren Bildschirmen von 4,5 bis 5 Zoll punkten.
Letztlich, so Koslowski, liege das Potenzial aber tatsächlich im Softwaregeschäft und Zusatzdiensten. "Die reinen Navigationsgerätehersteller müssen ein neues Verständnis von Navigation entwickeln. Es darf nicht mehr nur um den Weg von A nach B gehen, sondern sie müssen viel mehr Service entwickeln."