Siemens will in der Flaute das Handygeschäft ausbauen
Stand: 05.12.2002
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München (dpa) - Siemens-Chef Heinrich von Pierer lässt sich auch in schwierigen Zeiten die Freude an seinem liebsten Spielzeug nicht verderben. Mit jugendlicher Begeisterung präsentierte der 61-Jährige auf der Bilanz-Pressekonferenz am Donnerstag wieder einmal die neuesten Handys aus dem Hause Siemens. "Das ist mein Lieblingsthema", sagte er und liess sich von seinem Pressechef mit dem Handy knipsen. Die Möglichkeit, Fotos mit dem Mobilfunkgerät zu machen und zu verschicken, soll auch helfen, die zuletzt leicht gesunkenen Marktanteile wieder in die Höhe zu treiben. Denn einige Experten bezweifeln, dass die Siemens-Handysparte gerade im Vergleich mit dem übermächtigen Branchenführer Nokia gross genug ist, um auf Dauer eigenständig zu bestehen.
In der allgemeinen Hightech-Krise schlägt sich Siemens wacker. Im vergangenen Jahr stieg der Gewinn von 2,1 auf 2,6 Milliarden Euro. Allerdings drücken ein Milliardenloch in den Pensionskassen und die schwache Konjunktur die Stimmung. Zwar will Pierer im laufenden Geschäftsjahr den operativen Gewinn auch mit Hilfe von Kosteneinsparungen durch den drastischen Stellenabbau der vergangenen Monate steigern. Der Umsatz von zuletzt 84 Milliarden Euro wird im laufenden Geschäftsjahr 2001/02 (30. September) aber wegen der Konjunkturflaute voraussichtlich sinken. "Das Umfeld wird aus heutiger Sicht schwierig bleiben", sagte Pierer.
In der Mobilfunksparte ist das Weihnachtsgeschäft aber gut angelaufen. Pierer will die Zahl der verkauften Handys von zuletzt 33 Millionen Geräten im laufenden Geschäftsjahr steigern. Der Marktanteil von zuletzt 7,8 Prozent soll auf 9 Prozent gesteigert werden. Allerdings wollte sich Pierer nicht einmal klar festlegen, bis wann dieses kleine Etappenziel erreicht werden soll.
Seit langem schon ranken sich um die Mobilfunksparte von Siemens Spekulationen. Dabei taucht insbesondere der Name Motorola immer wieder auf. Siemens könne seine Handy-Sparte gegen den Netzwerk- Bereich der Amerikaner tauschen, lautete ein Gerücht. Auch über eine Auslagerung der Produktion oder eine Zusammenlegung mit einem anderen Hersteller wurde spekuliert. Pierer wiederholte darauf angesprochen immer wieder seine Standard-Antwort: "Marktgerüchte kommentieren wir nicht." Die bestehende Kooperation bei UMTS-Handys mit Motorola jedenfalls habe sich bewährt.
Es ist auch nicht nur wegen Pierers Leidenschaft schwer vorstellbar, dass sich Siemens in absehbarer Zeit von dem Handygeschäft trennt. Der gesamte Konzern profitiere von dem Verkauf der Mobilfunkgeräte, betonte Pierer. "Die Handys haben Siemens ein junges, dynamisches Image verpasst." Wenn Fussball-Superstar Ronaldo in seinem Real Madrid-Trikot mit Werbung für die Siemens-Handys auflaufe, sei der Werbeeffekt beispielsweise im aufsteigenden brasilianischen Markt enorm.
Angesichts des schwierigen Umfelds kann es die Mobilfunksparte allein für Siemens aber nicht richten. Der Bereich ICM, zu dem auch die Mobilfunknetze gehören, trug vor Steuern und Zinsen (EBIT) im abgelaufenen Geschäftsjahr gerade einmal 96 Millionen Euro zum Konzern-EBIT von knapp 2,5 Milliarden Euro bei. Daher machte Pierer, gegen seine Gewohnheit, diesmal auch Werbung für andere Konzernprodukte. Eine Gasturbinenschaufel hatte er genauso dabei wie einen Computertomographen. "Das ist Hightech aus Forchheim bei Erlangen", schwärmte der oberste Siemens-Verkäufer.