Reizthema Mobilfunk: Dauerstreit über das Gesundheitsrisiko Handy
Stand: 25.02.2003
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Stuttgart (dpa) - Mobilfunk reizt. 56 Millionen Handy-Nutzer zählt die Branche in Deutschland - Tendenz steigend. Zugleich treibt die Angst um ihre Gesundheit immer mehr Menschen in Bürgerinitiativen gegen den weiteren Ausbau der Technik. Ob die fast unbegrenzte Erreichbarkeit krank macht, ist nach wie vor umstritten. Mit dem Beginn des Aufbaus der ersten UMTS-Netze im vergangenen Jahr ist die Debatte um Gesundheitsgefahren durch Handys und deren Sendestationen neu entfacht. Auf der weltgrössten Computermesse CeBIT in Hannover (12. bis 19. März) dürften aber die technische Seite des neuen Standards sowie die zahlreichen neuen Handy-Modelle und Smartphones im Vordergrund stehen.
Fest steht, dass die von Sendemasten, Handys und Schnurlostelefonen ausgehende elektromagnetische Strahlung das menschliche Körpergewebe erwärmt. Die festgelegten Grenzwerte sollen eine mögliche Schädigung durch die thermische Wirkung verhindern. Doch ob die Vorsichtsmassnahmen ausreichen, um eine Gefährdung der Gesundheit auszuschliessen, darüber sind sich die Wissenschaftler bis heute nicht einig.
"Nach dem aktuellen Wissensstand gibt es keine Belege für irgendeine Gefährdung durch Mobilfunk", betont der Elektrotechniker und Mediziner Jiri Silny, der seit 30 Jahren die Wirkung elektromagnetischer Felder auf den Menschen erforscht. Als Leiter des Forschungszentrums für Elektro-Magnetische Umweltverträglichkeit an der RWTH Aachen habe er Dutzende so genannter Elektrosensibler untersucht, sagt Silny. In keinem Fall konnte er Mobilfunk als Ursache körperlicher Beschwerden ermitteln. "Ich möchte nicht ausschliessen, dass es Symptome gibt, die die Schulmedizin nicht erklären kann", räumt Silny ein. "Aber aus der Fülle der weltweiten Untersuchungen können wir sagen: Wenn überhaupt, dann sind die Effekte sehr, sehr gering."
Andere Forscher hingegen machen die Handy-Strahlung verantwortlich für Kopfschmerzen, Appetit- und Schlaflosigkeit, aber auch für Krebs, Herzinfarkt und Schlaganfälle. "Viele dieser Untersuchungen werden nicht ernst genommen", klagt der Baubiologe Joachim Gertenbach. Im Bundesverband gegen Elektrosmog kämpft der Wuppertaler gegen das nach seinen Erkenntnissen messbare "Gefährdungspotenzial" der Mobiltelefone und das erhöhte Risiko durch die ständig steigende Zahl der Sendemasten, vor allem in den Städten.
Angesichts Tausender Initiativen gegen den Elektrosmog hat sich inzwischen auch der Branchenverband BITKOM des Themas angenommen. Im Vergangenen Sommer gründete der Verband, in dem unter anderem auch Netzbetreiber und Handyhersteller organisiert sind, den Arbeitskreis Mobilfunk und Gesundheit. Ziel ist es, angesichts der "nur vermuteten Risiken" eine Plattform für objektive Diskussionen zu schaffen. Auch das Informationszentrum Mobilfunk (IZMF) in Berlin setzt auf eine "Dialogoffensive". Trotz des Streits um den Elektrosmog prophezeit Daniel Giese vom IZMF der dritten Mobilfunk-Generation eine blühende Zukunft. "Die CeBIT wird einen Schub für den ganzen Mobilfunkmarkt geben", sagt Giese. "Wir bewegen uns auf einen Quantensprung zu."
Mathias Plica, Geschäftsführer des Online-Handy-Magazins Xonio, ist überzeugt, dass der Dauerstreit über mögliche Gesundheitsrisiken und die Proteste gegen neue Sendemasten das Wachstum der Branche kaum hemmen wird. "Anbieter haben zwar Probleme, Standorte für neue Sendemasten zu finden", sagt Plica. "Aber ich glaube nicht, dass der Widerstand den Ausbau von Mobilfunk tatsächlich behindern wird."
Dessen ungeachtet machen Mobilfunkgegner weiter mobil gegen Stress durch Strahlung. In Karlsruhe etwa sammelte jüngst das Bürgerforum "Puls-Schlag" Tausende Unterschriften gegen die Nutzung von Handys in Strassenbahnen. Begründung: Die Strahlung der Geräte sorge