Nokia Lumia 630: Erstes Smartphone mit Windows Phone 8.1
Stand: 13.06.2014
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Heidelberg. Mit dem Nokia Lumia 630 ist nun das erste Mobiltelefon unter dem brandneuen Windows Phone 8.1 erhältlich. Neben seinen kunterbunten Farben hat der Exil-Finne eine vergleichsweise niedrige Preisempfehlung von 159 Euro zu bieten, die Dual-SIM-Variante kostet 10 Euro mehr. Der Preisbrecher im Test.
Windows Phone 8.1 hat jede Menge Neuerungen auf Lager, weshalb an dieser Stelle lediglich die Highlights angesprochen werden können. Zu diesen zählt zweifellos das neue Benachrichtigungscenter, das ganz in Android-Manier vom oberen Bildrand heruntergezogen wird und vier Schnellzugriffe bereithält. Zu schade nur, dass diese nicht horizontal scrollbar und deswegen auf vier Icons plus ein Text-Link zu den Einstellungen limitiert sind. Ungemein praktisch zudem die Wischtastatur à la Swype, dank der die Buchstaben nicht länger einzeln angetippt werden müssen. Vielmehr weiß die Software anhand des Fingerpfades, welches Wort gemeint ist. Schon mit minimaler Übung klappt die Texteingabe damit schneller als mit mechanischen Smartphone-Tastaturen. Clever: Die Software erkennt auch Namen aus dem Telefonbuch – das kann derzeit kein vergleichbarer Dienst. Apps werden zudem systemübergreifend verfügbar: Wer also eine Anwendung auf Windows Phone 8.1 erworben hat, muss dafür nicht auch auf dem Smartphone berappen. Allerdings müssen die Entwickler ihre Programme erst für diese so genannten Universal Apps vorbereiten, weshalb es eine Weile dauern dürfte, ehe die Mehrheit dazu zählt.
Cortana nur auf Englisch
Darüber hinaus wurde Skype noch tiefer ins Betriebssystem integriert, so dass sich laufende Mobilfunk-Gespräche unter Version 8.1 an Skype übergeben lassen und dort als Videotelefonate fortgesetzt werden können. Ferner kann der Startbildschirm bei Bedarf und auch auf kleineren Bildschirmen wie dem des Lumia 630 in drei statt zwei Spalten aufgeteilt werden. Der neue Internet Explorer 11 kommt mit etlichen neuen Funktionen wie der automatischen Synchronisation offener Tabs zwischen allen Windows-Geräten oder einem speziellen Lese-Modus für Texte. Die sprachgesteuerte Assistentin Cortana ist momentan aber noch nicht in der deutschen Sprachversion enthalten. Wer die „Siri“-Konkurrentin auf Englisch ausprobieren möchte, kann dies dennoch tun, sofern er „Sprache“ und „Sprachsteuerung“ auf „English (United States)“ sowie die Region auf „Vereinigte Staaten“ umstellt. Nach einem Neustart des Telefons ist Cortana dann durch einen langen Druck auf das Such-Icon verfügbar.
Die wichtigsten Neuerungen von Windows Phone 8.1 werden im folgenden Video demonstriert:
(Dieses Video ist nicht mehr verfügbar.)
Nokia sattelt drauf
Nokia liefert das Lumia 630 zudem mit dem so genannten Cyan-Update aus. Dieses beinhaltet einige Erweiterungen wie beispielsweise neue Filter für den Foto-Editor Nokia Creative Studio. Am wichtigsten jedoch ist die darin enthaltene Navigationssoftware Nokia Here Drive+, die einen Offline-Modus für aktuell 97 Länder weltweit bietet. Somit kann der Dienst auch im Ausland ohne Zusatzkosten für das Datenroaming genutzt werden. Für derlei müssen Nutzer von Android oder iOS teure Zusatzprogramme kaufen.
Luft nach oben
Dennoch ist weitaus nicht alles perfekt: Auch Windows Phone 8.1 weist noch einige Defizite auf. So wird zum Beispiel immer noch nicht USB-On-the-Go unterstützt, dank dem sich mit Hilfe eines Adapters USB-Sticks oder ganze Festplatten über die Micro-USB-Buchse andocken ließen. Ärgerlich außerdem, dass die Einstellungen, die unter Version 8.1 länger sind denn je, immer noch keiner erkennbaren Ordnung folgen, weshalb gerade Anfänger permanent auf der Suche sind, wo sich welche Optionen ändern lassen. Die Einstellungen für das Display etwa verteilen sich auf vier, offenbar wahllos über die Einstellungen verteilte Einträge. Nicht zuletzt lässt das Lumia 630 die wohl komfortabelste Funktion von Windows Phone vermissen: Das Telefon lässt sich nämlich nicht per Doppelklick auf den Touchscreen aus dem Standby-Modus wecken. Es besteht also weiterhin noch reichlich Luft nach oben! Abschließend sei Interessenten vor dem Umstieg auf Windows Phone zudem geraten, unter windowsphone.com/store zu überprüfen, ob die Lieblings-Apps bereits für das Microsoft-Betriebssystem verfügbar sind. Denn die Zahl der Anwendungen für Windows Phone beläuft sich auf rund ein Viertel bis Fünftel derjenigen für Android und iOS. Ansonsten ist die Oberfläche jedoch ansprechend und weitgehend intuitiv.
Relativ gesehen gut
Das IPS-Display des Lumia 630 misst 55 x 99 Millimeter und kommt somit auf eine Diagonale von 113 Millimeter respektive 4,45 Zoll. Allerdings sind die Tasten für „Zurück“, „Home“ und „Suche“ nun Bestandteil des Touchscreens, weshalb der gut sechs Millimeter hohe schwarzen Balken am unteren Rand von der eigentlichen Darstellungsfläche abgeht und nicht einmal bei Fotos oder Videos ausgeblendet wird. Netto handelt es sich somit um eine Diagonale von 108 Millimeter oder 4,24 Zoll. Der Unterschied beträgt in der Fläche gut sechs Prozent. Die Auflösung von 480 x 854 Pixel ist für heutige Verhältnisse äußerst mager, ebenso wie die daraus resultierende Schärfe von 75 Pixel pro Quadratmillimeter oder 220 ppi. Doch muss man diese Werte freilich im Lichte des Preises sehen, der aktuell bei rund 150 Euro ohne Vertrag beziehungsweise 160 Euro für die Dual-SIM-Variante liegt. Das Preis-Leistungs-Verhältnis rangiert in Bezug auf die Größe 190 Prozent unter dem Durchschnitt aller in den letzten zwölf Monaten getesteten Smartphones, das Lumia bietet also beinahe dreimal mehr Bildschirmfläche als üblich. Und die Pixeldichte liegt immerhin 94 Prozent über dem Mittel, ist also fast doppelt so hoch wie im Schnitt.
Mäßiger Prozessor
Beim Prozessor handelt es sich um den Qualcomm Snapdragon 400 mit vier Kernen à 1,2 Gigahertz, der vom Grafikmodul Adreno 305 sowie einem Gigabyte Arbeitsspeicher unterstützt wird. Also eine Mittelklasse-Ausstattung durch und durch. So sehen auch die Ergebnisse der Benchmarks aus: Benchmark OS II beispielsweise kommt auf 452 Punkte: ein um 32 Prozent unterdurchschnittlicher Wert. Browsermark 2.1 bescheinigt dem Probanden 464 Punkte, was gar um 53 Prozent unter dem Schnitt bleibt. In der Gesamtwertung rangiert die Rechenkraft des Lumia 630 schließlich 31 Prozent unter dem Mittel. Doch auch hier müssen die geringen Anschaffungskosten berücksichtigt werden, und dann liegt das Preis-Leistungs-Verhältnis des Nokia satte 104 Prozent über dem Schnitt, Kunden bekommen also doppelt so viel Rechenleistung für ihr Geld wie üblich.
Erweiterbarer Speicher
Der interne Speicher fasst lediglich 8 Gigabyte, von denen netto gerade mal 4,02 Gigabyte frei verfügbar sind. Was allerdings kein Problem darstellt, denn unter dem abnehmbaren Cover verbirgt sich ein Slot für eine Micro-SD-Karte, die bis zu 128 Gigabyte fassen darf. Und Apps lassen sich unter Windows Phone 8.1 auf die Speicherkarte auslagern! Einen SD-Chip sollten Interessenten daher unbedingt in die Anschaffungskosten einkalkulieren. Allerdings sind zwei Punkte zu beachten: Erstens versperrt der Akku den Zugang zur Speicherkarte, sodass diese nur ausgetauscht werden kann, wenn der Stromspeicher entfernt wird, was wiederum einen Neustart des Telefons erfordert und somit Zeit kostet. Zweitens können Apps nur dann auf die Karte ausgelagert werden, wenn sie neu installiert werden. Bereits auf dem Telefon befindliche Programme müssen gelöscht und neu aufgespielt werden. Wenig komfortabel zudem, dass für den Nutzer nur sehr versteckt ersichtlich ist, welche Apps auf der Speicherkarte abgelegt sind. Diese Information verbirgt sich unter „Einstellungen – Speicheroptimierung – SD-Karte – Apps + Spiele“. Dennoch ein gewaltiger Fortschritt für die Plattform!
Kurzatmiger Akku
Der Stromspeicher fasst 1.830 Milliamperestunden. Zu wenig für ein 4,45-Zoll-Display: Diese Relation liegt zehn Prozent unter dem Durchschnitt. Der Laufzeittest mit der Videowiedergabe bei maximaler Bildschirmhelligkeit im Flugmodus offenbart gar noch größere Defizite: Die erzielten 316 Minuten liegen nämlich 25 Prozent unter dem Mittel. Damit macht das Lumia 630 recht wenig aus seinen Ressourcen; Grund hierfür könnte etwa Windows Phone 8.1 oder auch der Snapdragon 400 sein. Umso mehr sollten Intensivnutzerüber die Anschaffung eines Ersatzakkus nachdenken.
Verzicht auf Datenturbos
Und noch ein paar Kröten müssen Interessenten schlucken: Das Lumia 630 unterstützt nämlich weder LTE noch DC-HSPA (teils auch HSPA+ genannt), weshalb die maximale Datenübertragungsrate 21 Megabit pro Sekunde nominal beträgt. Den aktuellsten WLAN-Standard ac lässt das Nokia ebenfalls vermissen, genauso wie die Unterstützung des neueren und daher nicht so überfüllten 5-Gigahertz-Bandes unter WLAN n. Das Fehlen von NFC dürften die Meisten hingegen nicht einmal bemerken. GPS und Bluetooth 4.0 sind aber selbstverständlich an Bord.
Scharfe Fotos
Die Hauptkamera des Lumia 630 nimmt Fotos mit bis zu 2592 x 1936 Bildpunkten oder 5,02 Megapixel auf, was dem Format 4:3 entspricht. Im Format 16:9 beträgt die maximale Auflösung 2592 x 1456 Bildpunkte respektive 3,77 Megapixel. Wie gewohnt lassen sich Foto-Apps nachladen, so wie beispielsweise „Nokia Refocus“, mit dem sich nachträglich die Tiefenschärfe festlegen lässt. Eine Frontkamera fehlt ebenso wie HDR-Modus und Fotolicht. Letzteres scheint die Kamera-Software gar nicht mitbekommen zu haben, denn sie zeigt unverdrossen den Blitzmodus dauerhaft als deaktiviert an – logischer wäre es hingegen, das entsprechende Icon komplett auszublenden. Aber das ist natürlich nur ein kleiner Schönheitsfehler. Die Auslöseverzögerung von gut 0,1 Sekunden befindet sich für ein Smartphone voll im grünen Bereich.
Die Schärfe der Fotos kann sich sehen lassen: Sowohl im Freien bei guten Lichtverhältnissen als auch in geschlossenen Räumen gehören die Ergebnisse mit zu den besten, die man in der 5-Megapixel-Liga antreffen kann. Die Detailtreue könnte mitunter aber ein wenig höher sein. Erst bei sehr wenig Licht werden die Fotos unscharf – aber das ist auch bei den allermeisten teuren Telefonen der Fall, weil die kleinen Linsen einfach zu wenig Licht einfangen und die Belichtungszeiten daher vergleichsweise lang ausfallen. Immerhin bleibt das Bildrauschen relativ gering. Einzig in Bezug auf die Farben muss Kritik geäußert werden, weil sich mitunter ein leichter Rotstich einschleicht. Dafür gibt ein strammes „Befriedigend“, was für ein 5-Megapixel-Gerät eine überdurchschnittliche Wertung darstellt.
Mäßige Videos
Bewegtbilder zeichnet das Nokia mit maximal 1280 x 720 Pixel bei 30 Bildern pro Sekunde auf, also nicht mit dem heute bereits in der Mittelklasse üblichen Full HD. Auch hier ist die Schärfe grundsätzlich ordentlich, wenngleich sich aufgrund der Komprimierung ein leichtes Grieseln an manchen Konturen erkennen lässt und einige wenige Details verwaschen. Deutlich negativer macht sich da schon der mitunter sogar kräftige Rotstich vor allem in den Ecken bemerkbar; weil dieser verstärkt auftritt, wenn der Himmel bei Sonnenschein im Bild ist, drängt sich der Verdacht auf, dass hier der UV-Filter mangelhaft arbeitet oder gänzlich eingespart wurde. Nicht zuletzt reagiert der Autofokus auf vertikale Bewegungen extrem sensibel, weshalb er oftmals unnötig nachzieht. Interessanterweise bleibt er aber bei horizontalen Bewegungen verblüffend stabil. Mehr als ein „Ausreichend“ ist für die Videos daher nicht drin.
Enttäuschender Sound
In der Abteilung Audio punktet das Lumia 630 nicht nur mit einem UKW-Radio, sondern auch mit diversen Diensten sowohl von Microsoft als auch von Nokia. Zu Letzteren zählt beispielsweise der Streamingservice „MixRadio“, mit denen sich komplette Playlists auf das Telefon beamen lassen und auch offline beschränkt nutzbar sind. Ein Kopfhörer gehört allerdings nicht zum Lieferumfang – bei diesem Preis aber verzeihlich.
Der Klang am Referenz-Kopfhörer, den Ultimate Ears Reference Monitors, enttäuschte im Hörtest: Der Gesamteindruck ist relativ flau und matschig, die Höhen wenig spritzig. Das lässt auf einen früh einbrechenden Frequenzgang schließen. An dessen unterem Ende tönen die Bässe zwar wuchtig, doch stellt sich dies bei genauerem Hinhören als Werk eines Software-Pushups heraus, wie das Rumpeln verrät, das bei manchen Titeln zu hören ist, die auf der Referenz, dem iPhone 4S, als klar definierte Bassläufe zu vernehmen sind. Auch hinsichtlich des Musik-Klangs reicht es daher nur zu einem „Ausreichend“.
Fazit
Das Nokia Lumia 630 schneidet im Test natürlich schlechter ab als aktuelle Topmodelle, doch dafür kostet es auch nur einen Bruchteil solcher Flaggschiffe. Unter Berücksichtigung der aktuellen Straßenpreise von 150 Euro ohne Vertrag respektive 160 Euro für das Dual-SIM-Modell steht der Exil-Finne schon besser da. Sogar erheblich: Das netto 4,2 Zoll kleine Display bietet zweieinhalbmal mehr Anzeigefläche als das durchschnittliche Smartphone heutzutage. Und die Pixeldichte ist angesichts dieser Preise immerhin fast doppelt so hoch wie üblich, ebenso wie die Rechenleistung des Prozessors.
Der karge interne Speicher von netto 4 Gigabyte lässt sich per SD-Karte erweitern, Apps auslagern: kein Problem also. Bleibt der schwachbrüstige Akku, der 25 Prozent früher aufgibt als üblich – aber immerhin austauschbar ist, weshalb Quasselstrippen notfalls mit einem Zweitakku nachhelfen können. Der Verzicht auf LTE, DC-HSPA, NFC und WLAN ac dürfte der Zielgruppe vermutlich leicht fallen. Die 5-Megapixel-Kamera schießt recht ordentliche Fotos, doch Videos und Musikplayer ernten lediglich ein „Ausreichend“.
Die Verarbeitung gibt keinen Grund zu Beanstandungen, das neue Windows Phone 8.1 stellt eine signifikante Verbesserung der Plattform dar. Trotzdem müssen weiterhin noch etliche Kritikpunkte wie etwa die unübersichtlichen Einstellungen moniert werden, weshalb die Handhabungswertung nicht über ein „Befriedigend“ hinaus kommt. Das Preis-Leistungs-Verhältnis insgesamt kann sich mit 125 Prozent über Durchschnitt aber vollauf sehen lassen! Für Sparfüchse, die keine großen Ansprüche an die Multimediaqualität stellen, ist das Nokia Lumia 630 somit ein guter Fang.
Ausstattung 100 von 175
Foto 17 von 25
Video 14 von 25
Musik 14 von 25
Handhabung 186 von 250