Motorola Moto X 2 im Test: Für Individualisten
Stand: 10.12.2014
Bildquelle: ©Adobe Stock / Text: Verivox
Heidelberg - Ein Smartphone in Holz oder Leder? Das neue Motorola Moto X macht’s möglich: Im „Moto Maker“ können Kunden ihr Handy nach Wunsch konfigurieren. Was das X 2 technisch auf dem Kasten hat, klärt der Test.
Wer schon immer mal ein ganz individuelles Smartphone sein Eigen nennen wollte, hat nun die Gelegenheit: Unter motorola.de/motomaker können Kunden das neue Moto X, im Folgenden der Klarheit halber Moto X 2 genannt, selbst gestalten. Für die Rückseite stehen dabei neben 17 Farbvarianten zum Aufpreis von 20 Euro auch jeweils vier Echtholz- und Echtleder-Arten zur Auswahl. Das Basismodell mit 16 Gigabyte Speicher kostet 529 Euro ohne Vertrag, die Version mit doppeltem Speicher 579 Euro. Im Internet liegen die Preise jetzt zum Start bei rund 500 respektive 550 Euro. Wer also auf die Individualisierung verzichtet, kann ein wenig sparen. Weil ein Micro-SD-Slot fehlt und in der kleinen Variante nach Aktualisierung aller vorinstallierten Apps lediglich 9,46 Gigabyte Speicher netto zur Verfügung stehen, sei dringend zum großen X 2 geraten, bei dem geschätzt etwa 25 Gigabyte netto übrig bleiben dürften. Die 50 Euro Aufpreis wären gut angelegt, zumal auch der künftige Wiederverkaufswert vermutlich entsprechend höher ausfallen wird.
Vom selben Schlag
Die Optik entspricht grundsätzlich derjenigen des Nexus 6, das ebenfalls von Motorola gebaut wird: Auch beim Moto X 2 sorgt ein ringsum verlaufender Aluminiumrahmen für höchste Stabilität, die Verarbeitung ist gleichermaßen hervorragend. Nur bewegt sich das Format auf kompakterem Niveau: Statt 83 x 159 misst das neue Moto X 73 x 141 Millimeter, das Gewicht beträgt 144 statt 184 Gramm. Das macht in der Praxis einen gewaltigen Unterschied: Während sich das Nexus 6 nur äußerst eingeschränkt mit einer Hand bedienen lässt, erreicht der Daumen beim X 2 einen Großteil des Touchscreens. Dieser misst 65 x 115 Millimeter und bringt es somit auf eine Diagonale von 132 Millimetern oder umgerechnet 5,2 Zoll.
Full-HD-Auflösung
Im Vergleich zum ersten Moto X, das hierzulande Anfang 2014 auf den Markt kam, nimmt sich das X 2 erheblich wertiger aus: Der Vorgänger verfügte noch über einen ausgeprägten Plastikbomber-Look und das 4,65-Zoll-Display war genau 20 Prozent kleiner. Gewachsen ist auch die Bildschirmauflösung: Aus den 720 x 1280 wurden nun 1080 x 1920 Pixel, damit stieg die Schärfe des AMOLED-Panels von 316 auf 424 ppi. In der Praxis sind solche Differenzen jedoch mit bloßem Auge kaum erkennbar. Viel entscheidender ist da schon der neue Prozessor: Aus dem Snapdragon S4 mit zwei Kernen à 1,7 Gigahertz wurde der Snapdragon 801, dessen vier Kerne mit 2,5 Gigahertz getaktet sind. In den Benchmarks geht dem entsprechend die Post ab: In der Gesamtwertung aus zwölf der bekanntesten Tempo-Tests liegt das X 2 satte 41 Prozent über dem Durchschnitt aller in den letzten zwölf Monaten getesteten Smartphones und damit auf Rang 9 der Charts.
Passabler Akku
Wie beim Vorgänger und dem Nexus 6, so lässt sich auch beim neuen Moto X der Akku nicht durch den Nutzer austauschen. Der Stromspeicher fasst 2.300 Milliamperestunden, hielt im Laufzeittest bei der Videowiedergabe mit maximaler Displayhelligkeit im Flugmodus ordentliche 380 Minuten lang durch und liegt damit immerhin acht Prozent über dem Mittelwert. Die restliche Ausstattung samt LTE, DC-HSPA für Downloads mit nominal bis zu 42 Megabit pro Sekunde in UMTS-Netzen, WLAN ac, Bluetooth und NFC ist ordentlich.
Mehr erwartet
Grundsätzlich steckt im X 2 die gleiche Kamera wie im Nexus 6: Fotos werden mit bis zu 4160 x 3120 Bildpunkten oder 12,98 Megapixel aufgenommen, was dem Format 4:3 entspricht. Wer Bilder in 16:9 knipst, erhält Dateien mit 4160 x 2340 Bildpunkten respektive 9,73 Megapixel. Bei der Frontkamera betragen die Maxima 1440 x 1080 oder 1920 x 1080 Pixel, Videos werden in Full HD festgehalten. Ebenfalls identisch ist der „Blitzring“, der jedoch das Licht der beiden weißen LEDs links und rechts nicht wirklich rundum verteilt. Als Folge dessen lassen sich keine Unterschiede zu Fotos von Smartphones mit einer einzelnen LED ausmachen. Allerdings fehlt dem Moto X 2 der optische Bildstabilisator des Nexus 6! Die Auslöseverzögerung liegt bei rund 0,05 Sekunden und ist somit quasi nicht vorhanden.
Die Bedienoberfläche der Kamera-App gibt sich gewohnt übersichtlich. Leider fehlt wie schon beim Vorgänger moniert ein Indikator für den Autofokus: Nutzer müssen daher mit Argusaugen achtgeben, ob der Scharfsteller bereits gepumpt hat, was sich etwa bei Sonnenschein nicht so leicht erkennen lässt. Suboptimal!
Die Qualität der Fotos besticht mit hoher Schärfe und Detailtreue; Belichtung, Kontraste und Farben stimmen. Allerdings hat man auch schon schärfere 13-Megapixel-Fotos gesehen. Vor allen Dingen ist ein vergleichsweise kräftiges Bildrauschen zu bemerken, das sich bereits bei bewölktem Himmel in dunklen Bereichen des Motivs einstellt. Deshalb reicht es unterm Strich lediglich zu einem „Befriedigend“: Ein wenig enttäuschend für die 13-Megapixel-Liga. Aber im Vergleich zum ersten Moto X mit seiner 11-Megapixel-Kamera eine klare Verbesserung. Das Nexus 6 schneidet aufgrund des optischen Bildstabilisators eine ganze Ecke besser ab.
Videos überraschen
Videos hält der Proband mit wahlweise Full HD (1920 x 1080 Pixel) oder in 4K (3840 x 2160 Pixel) bei jeweils 30 Bildern pro Sekunde fest. Der „Slow Motion“-Modus in Full HD ist praktisch unbrauchbar, werden hier doch Clips mit 15 Bildern pro Sekunde aufgenommen, die naturgemäß kräftig ruckeln. Für die 4K-Videos gilt das zu den Fotos Gesagte analog: Die Schärfe ist gut, doch keineswegs top. Auch die Dynamik des Koreaners gefällt eindeutig besser. Andererseits sind aufgrund der hohen Datenrate von 51 Megabit pro Sekunde so gut wie keine Komprimierungsartefakte festzustellen und der Stereo-Ton produziert selbst in lauten Umgebungen prima Ergebnisse. Deshalb steht unterm Strich ein „Gut“ in der Videowertung. In dieser Testdisziplin muss sich das Nexus 6 klar geschlagen geben: Aufgrund des permanent pumpenden Autofokus kassierte der Kandidat ein „Mangelhaft“.
Mäßiger Klang
Headset und UKW-Radio sind wie immer Fehlanzeige, der Audio-Equalizer in den Einstellungen kann nicht frei manuell justiert werden. Am Referenz-Headset, den Ultimate Ears Reference Monitors, erzeugt das neue Moto X wie bereits sein Vorgänger einen etwas matten Klang: Den Höhen fehlt es ein wenig an Spritzigkeit, den Bässen an Volumen. Allerdings können solch feine Abstufungen nur mit wirklich guten Kopfhörern und im direkten Vergleich zu besseren Klangquellen ausgemacht werden, außerdem bleibt der Sound in sich harmonisch und natürlich. Daher reicht es am Ende noch für ein „Befriedigend“. In dieser Abteilung schneidet das Nexus 6 aufgrund des breiteren Frequenzgangs mit einem „Sehr gut“ eindeutig besser ab.
Clevere Zusatzfunktionen
Die Nutzeroberfläche des X 2 hat Motorola so gut wie gar nicht angepasst, es handelt sich nahezu um das native Android. Das verspricht zügige Updates. Allerdings wird das Telefon im Gegensatz zum Nexus 6 noch nicht mit Android 5.0 „Lollipop“ ausgeliefert, sondern mit Android 4.4.4. Motorola packt nämlich etliche zusätzliche Funktionen drauf, die in erster Linie der Sprachsteuerung gelten. Da war bereits das erste Moto X äußerst innovativ, daran haben die Entwickler fleißig gewerkelt. So muss das X 2 nicht länger über das vorgegebene Kommando „OK Google Now“ aus dem Standby-Modus geweckt werden, sondern der Anwender kann eine beliebige Formulierung programmieren. Des Weiteren erkennt die Software nun den Sprecher, was die unbefugte Nutzung durch Fremde erschwert. Am besten jedoch gefällt, dass zum manuellen Entsperren des Bildschirms nicht mehr der Ein-/Aus-/Standby-Taster gedrückt werden muss, denn vier Infrarot-Sensoren in den Ecken der Front erkennen, wenn sich eine Hand nähert. Dann aktiviert die Software automatisch den Sperrbildschirm mit diversen Infos sowie dem Icon zur Freigabe des Bildschirms. Dies ist aufgrund des AMOLED-Displays mit minimalen Strombedarf möglich, weil das Gros der Anzeige schwarz bleibt und diese Pixel vollständig ausgeschaltet sind. Klassische LCDs würden stattdessen den gesamten Bildschirm von hinten beleuchten, weshalb ein solches Feature den Akku schnell in die Knie zwingen würde. Dennoch kann diese Funktion auf Wunsch natürlich auch deaktiviert werden. Ferner kooperieren jetzt auch Facebook, WhatsApp und YouTube mit dem Moto X, sodass sich etwa Posts diktieren oder Videos stimmgesteuert starten lassen. Auch die Regeln hat Motorola runderneuert: Hier können Aktionen mit Bedingungen verknüpft werden, sodass beispielsweise in der Nacht oder während einer im Kalender eingetragenen Besprechung automatisch die Stummschaltung aktiviert wird. Oder man könnte sich eingehende Nachrichten beim Autofahren vorlesen lassen, was das Telefon anhand der Auswertung der Sensor- und GPS-Daten erkennt. Wer all das nicht will, fühlt sich von diesen Funktionen nicht gestört – so soll es sein.
Fazit
Das Motorola Moto X 2 unterscheidet sich deutlicher vom Nexus 6 als gedacht, auch wenn das Design identisch wirkt. Natürlich ist das neue Moto X erheblich kompakter, dafür fällt das Display aber auch 20 Prozent kleiner aus. Der Prozessor erweist sich als superschnell, doch der des Nexus 6 legt noch eine Schippe drauf. Bei der Kamera wird der optische Bildstabilisator vermisst, weshalb die Qualität der 13-Megapixel-Fotos ein leicht enttäuschendes „Befriedigend“ kassiert. Die 4K-Videos profitieren jedoch vom nicht so penetrant pumpenden Autofokus: „gut“. Der Klang des Musikplayers wiederum lässt aufgrund des schmaleren Frequenzgangs ein wenig zu wünschen übrig und erntet ebenfalls nur ein „Befriedigend“, wohingegen das Nexus 6 ein strammes „Sehr gut“ im Test abräumte. Bei der Bedienung punktet der Proband mit zahlreichen cleveren Funktionen insbesondere in Sachen Regeln und Sprachsteuerung, während das Nexus 6 bereits Android 5.0 vorweisen kann. Im Vergleich zum ersten Moto X hat der Nachfolger in nahezu allen Belangen mächtig zugelegt, ist dafür aber auch deutlich teurer.
Unterm Strich stellt das Nexus 6 das bessere Mobiltelefon dar – sofern man nicht häufiger auf die Bedienung mit einer Hand angewiesen ist und die rund 100 Euro Preisdifferenz zu zahlen bereit ist. Beide sind bei Straßenpreisen von jetzt zum Start 550 und 650 Euro für die jeweils große und dringend empfohlene Speichervariante alles andere als Schnäppchen: Beim Moto X 2 liegt das Preis-Leistungs-Verhältnis 33 Prozent unter dem Durchschnitt, beim Nexus 6 gar 42 Prozent. Angesichts dessen mag sich vielleicht doch der eine oder andere mit dem ersten Moto X zufriedengeben: Das liegt mit derzeit rund 250 Euro für die empfohlene 16-Gigabyte-Variante nämlich 18 Prozent über dem Mittel!
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